Lörrach Der Hölle entrissen

Die Oberbadische
Vorne: Gerhard Richter, 12 Scheiben (Reihe), 2013, Sammlung Fondation Beyeler, hinten: Birkenau, 2014, Privatsammlung© 2015 Gerhard Richter Foto: zVg/Mark Niedermann Foto: Die Oberbadische

AusstellungRichters Zyklus „Birkenau“

Riehen/Basel. Der Gemälde-Zyklus trägt einen an unaussprechlichen Schrecken erinnernden Titel: „Birkenau“. Gerhard Richters Werk wurde von vier anonymen Fotografien inspiriert, die 1944 unter lebensbedrohlichen Umständen entstanden und so erschütternd wie umstritten sind.

Nach einer erstmaligen Präsentation in Dresden gastiert der abstrakte Malerei-Zyklus „Birkenau“ in der Fondation Beyeler, wo er mit weiteren Werken Richters aus der Sammlung des Museums und des Künstlers bis Mitte Januar 2016 zu sehen ist.

Als der französische Philosoph und Kunsthistoriker Georges Didi-Huberman den Maler Gerhard Richter 2013 in Köln besucht, zeigt er sich nicht nur vom Werk des Künstlers fasziniert, sondern auch vom Prozess der Planung, von der Ungewissheit und den Zweifeln, von den „Bildern im Wartezustand“. Umso mehr, als er in Richters Atelier vier leere Leinwände bereit stehen sieht. Didi-Huberman fotografiert die ordentlich aufgereihten Pinsel, die auf den Einsatz des Künstlers zu warten scheinen. Schließlich verrät Richter seinem Besucher, welchem Motiv seine Vorbereitungen gelten. Nach seinem Besuch verfasst Didi-Huberman einen Brief an Gerhard Richter, der Brief wird 2014 im Katalog „Gerhard Richter Bilder/Serien“ zur Ausstellung in der Fondation Beyeler abgedruckt und kündigt einen Gemälde-Zyklus an.

Didi-Huberman schreibt: „Dieses ‘Etwas’? Es handelt sich um vier grauenvolle Bilder. Ich weiß, dass Sie von ihnen – zumindest von einem oder zweien davon – seit Ihrer Jugend an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden Kenntnis haben. Seit nunmehr ungefähr 60 Jahren warten diese Bilder am Rande Ihres Blickfelds, irgendwo in Ihrem Kopf, in der Tiefe Ihres Herzens und rufen, vielleicht, nach einer Geste Ihrer Hand.“

Didi-Huberman sind die Bilder bekannt, deren Reproduktionen sich zudem seit Ende der 60er Jahre im Atlas befinden, dem persönlichen Bild-Archiv von Gerhard Richter. In seinem Buch „Images malgré tout“ („Bilder trotz allem“, 2007), widmet sich Didi-Huberman ihrem paradoxen Wesen. Es sind enigmatische Bilder, deren Unklarheit der Hast, Angst und Gefahr geschuldet sind und die trotz allem ein entsetzliches Zeugnis sind.

Im August 1944 gelingt es zwei Häftlingen in Auschwitz, Mitgliedern des sogenannten Sonderkommandos, das Grauen der Gaskammern fotografisch festzuhalten. Aufnahmen sind in den Konzentrationslagern strengstens untersagt, der Holocaust soll undokumentiert bleiben. Jene vier Aufnahmen können aus dem Lager geschmuggelt werden: es sind „vier Stücke Film, der Hölle entrissen“, die dem „Unvorstellbaren um jeden Preis eine Form“ geben. Richter malte erst die Fotografien großformatig ab, um sie anschließend in Rakel-Technik abstrakt zu übermalen.

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