Lörrach Der Stadt droht ein riesiges Finanzloch

Guido Neidinger
Die Schieflage ist besorgniserregend. Foto: Guido Neidinger

Defizit in Höhe von 15 bis 18 Millionen Euro für den Haushalt 2021 sind im Gespräch. Gemeinderat ist zutiefst besorgt.

Lörrach - Bisher ist die Stadt Lörrach finanziell glimpflich durch das Corona-Jahr 2020 gekommen – auch dank Hilfen von Bund und Land. Im nächsten Jahr könnte sich das dramatisch ändern: Es droht ein riesiges Finanzloch in Höhe von 15 bis 18 Millionen Euro. Es geht ans Eingemachte.

Die anstehenden Haushaltsberatungen für das Jahr 2021 werden so schwierig wie noch nie in der jüngeren Vergangenheit der Stadt Lörrach. In nichtöffentlicher Sitzung wurden die Stadträte schon einmal von der Verwaltung auf die drohende Schieflage des Haushalts hingewiesen. Es ist von einem Defizit in Höhe von 15 bis 18 Millionen Euro die Rede.

2021 wird „ein sehr schwieriges Jahr“

Diese Zahl wollte der städtische Finanzchef Peter Kleinmagd gestern auf Anfrage weder bestätigen noch dementieren, wohl aber, dass das Jahr 2021 „ein sehr schwieriges Jahr wird“. Wie schwierig, das hänge auch von weiteren Finanzspritzen durch Bund und Land ab.

Diese denkbaren Hilfen könnten die drohenden Defizite aber nicht ansatzweise ausgleichen, hieß es aus den Reihen des zutiefst besorgten Gemeinderates.

November-Steuerschätzung entscheidend

Ein wichtiger Indikator, ob es überhaupt noch finanziellen Spielraum für die Stadt geben wird, hängt auch von der November-Steuerschätzung ab. Und hier ist KIeinmagd „angesichts eines drohenden zweiten Corona-Lockdowns pessimistisch“.

Margarete Kurfeß (Grüne), die Vorsitzende der größten Fraktion im Gemeinderat, befürchtet, wie sie auf Anfrage erläuterte, massive Einschränkungen bei den freiwilligen Leistungen der Stadt. Allerdings sieht sie hier nur wenig Spielraum für effektive Kürzungen, um den Haushalt wenigstens einigermaßen in den Griff zu bekommen.

Das bestätigte auch Peter Kleinmagd. In vielen Fällen sei die Stadt beispielsweise Verträge mit sozialen Trägern eingegangen und könne deshalb bei den Zuwendungen keine Abstriche machen. Der Spielraum beim Ergebnishaushalt sei in der Tat „nicht so groß“, räumte Kleinmagd ein.

Bernnat hofft auf Rettungsprogramme

Ähnlich trüb wie Margarete Kurfeß schätzt auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Hubert Bernnat die Aussichten ein: „Meine Fantasie versagt, dass wir das nachhaltig sinnvoll für die Stadt regeln können.“ Dies laut Bernnat vor allem deshalb, weil den Kommunen und damit auch der Stadt Lörrach die Möglichkeiten dafür fehlen. Während Bund und Land sich – zumindest vorübergehend – durch eine massive Neuverschuldung retten, müssten die Kommunen ausgeglichene Haushalte vorlegen. Das aber sei nicht machbar. Bernnat hofft auf Rettungsprogramme von Bund und Land für die Kommunen oder darauf, die Schuldenbremse für zwei oder drei Jahre auszusetzen.

Werden diese Möglichkeiten nicht geschaffen, bliebe der Stadt Lörrach laut Bernnat nur, sämtliche Investitionen einzufrieren. „Das aber wäre katastrophal für die Wirtschaft.“ Zumal die anstehenden Investitionen in Lörrach wichtig und sinnvoll seien. Bernnat nannte beispielhaft die unbedingt notwendigen massiven Investitionen in die Schulen. Wenn alle Stricke reißen, müsste man laut Bernnat noch einmal über den Bau des Museumsdepots ebenso nachdenken wie über die Aufwertung des Zollquartiers in Stetten – beides vom Gemeinderat schon beschlossen.

Lindemer: Finanzdesaster der Stadt „hausgemacht“

Losgelöst von den Auswirkungen der Corona-Pandemie bezeichnet Matthias Lindemer, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, das drohende Finanzdesaster der Stadt als „hausgemacht“. Lindemer hält die Kosten für die Gebäudeinvestitionen seit langem für deutlich überhöht – bis zu 50 Prozent.

„Wenn wir diese Kosten nicht dauerhaft in den Griff bekommen, dann wird unser Haushalt immer desaströser.“ Der Stadtverwaltung wirft Lindemer vor, dass sie diese Negativentwicklung hätte kommen sehen müssen. Es sei ein Fehler, immer darauf zu bauen, dass die Einnahmesituation dauerhaft gut sei. Die einzige Chance, um den nächsten Haushalt in den Griff zu bekommen, sieht Lindemer darin, bei den Gebäudeinvestitionen tief in die Kostenstrukturen zu gehen. Nur dann seien Einsparungen in der notwendigen Millionenhöhe erzielbar.

Lusche fordert Offenlegung aller Zahlen

Einen weiteren Punkt bringt Ulrich Lusche (CDU) ein. Wenn die Ursachen für die drohende finanzielle Schieflage nicht nur coronabedingt, „sondern strukturell bedingt und schon länger bekannt sind, dann wäre das für mich ein immenser Vertrauensbruch.“ Lusche fordert vom Oberbürgermeister die exakte Offenlegung aller Zahlen und Fakten.

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