Lörrach Die Poesie des Augenblicks

Die Oberbadische
Ein großer Name in der modernen Dichterszene: Bas Böttcher, der in der Reihe Burghofslam zu hören war. Foto: Ursula König Foto: Die Oberbadische

„Burghofslam“ : Bass Böttcher eröffnet die neue Saison / Sprache als Kunstform

Von Ursula König

Lörrach. „Die Macht der Sprache“: Das scheint die Berufung des Slam-Poeten und Schriftstellers Bas Böttcher zu sein. Am Samstag eröffnete er die neue „Burghofslam“-Saison im Rahmen des Formats „Wortgewandt I“. Während seine Kollegen sich an diesem Abend um den Titel der deutschen Meisterschaft in Hannover bemühen, wie Tilman Scheipers, Kurator der Reihe eingangs erklärt, bringt Böttcher, einer der Begründer der „Poetry Szene“ seine Botschaft in Lörrach unter die Leute.

Böttcher, der 1997 die deutsche Meisterschaft gewann, schafft eine eigene Welt der Poesie und Fantasie. Und die erweist sich als raffinierte Wortkunst, die allerdings viel Aufmerksamkeit fordert. Folgen kann man den brillanten Sprachschöpfungen nicht immer vollständig, aber das scheint auch nicht Böttchers Absicht zu sein.

Er spricht seine komplex aufgebauten Texte meist frei und wirkt dabei ruhig und sehr konzentriert. Die Macht der Sprache ist für ihn ein tiefgründiges Spiel und eine tiefgreifende Bestandsaufnahme. Seine Gedichte sind inzwischen in Schulbüchern und in Anthologien deutschsprachiger Lyrik zu finden. Seine Botschaft umfasst auch die Kritik am gegenwärtigen Konsumverhalten und wehrt sich gegen Mitläufertum, wenn er dichtet: „Google mal Babylon! Babel mal Googylon…Party on, Babylon“.

„Ich spreche meine Sprache; wirble die Worte“, dichtet er. Und lädt das Publikum ein, die Themen zu steuern. Seine Texte tragen eher schlichte Titel, was nicht darüber hinwegtäuscht, dass hier ein Meister der modernen Wortkunst am Werk ist. Auftritte dieser Art fasst er als „Poesie des Augenblicks“ zusammen. Als Zeitspanne, in der Texte, Autor und Publikum eine Art Einheit bilden.

Böttcher lässt jetzt im Herbst die Äpfel in raffinierter Reimform in „Zeitlupe“ fallen und macht sich auf die Suche nach Wörtern, die sich in Wörtern verstecken. Und dazu fällt ihm nicht nur das Wort „schlapp“ in Waschlappen ein. Er nimmt mit auf eine Reise in sprachliche Höhen und Niederungen und dabei scheint seine Fantasie keine Grenzen zu kennen, wenn er in die Welt des Versmaßes einführt.

Je nach Reimart, so macht er deutlich, lässt sich die Realität aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten. Dann bleibt eigentlich nur noch die Frage, was die Realität ausmacht. Als „Weltverbesserer“ bringt er einige nützliche Ideen ein wie die „Haustürschlüsselfindungsautomatik“. Aus den „Bremer Stadtmusikanten“ schafft er ein modernes Märchen und das „Chaos und die Ordnung der Sprache“ verbindet er mit „Star Trek“-Anleihen.

Nach rund zwei Stunden meint er zu seinem „Babylon“-Sprachgewirr: „Wer dieses Stück nicht verstanden hat, der hat es verstanden.“ Die Sprache als Kunstform erkennen und spielerisch damit umgehen; das ist seine Botschaft, die auch an diesem Abend sehr gut ankommt.

Denn, wie die abschließende Kostprobe seiner Dichtkunst zeigt, mache die Verwendung der Sprache auch so einiges mit uns: „Und erweitert der Mensch seine sprachlichen Möglichkeiten, dann erweitert die Sprache die menschlichen Möglichkeiten.“

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