Lörrach Diese Stimme geht unter die Haut

Die Oberbadische

Stimmenfestival: Marlon Williams zwischen Vampir und Leidenschaft /Support Charles Watson

Von Gabriele Hauger

Lörrach. Was für eine Stimme hat die Festivalleitung da aus dem Hut gezaubert! Zu Unrecht sind Williams und seine Band – von Kritikern hoch gelobt und mit dem New Zealand Music Award ausgezeichnet – hierzulande noch ein Geheimtipp. Wer da war, dürfte überzeugt sein: Der Mann hat Zukunft.

Nach dem Werbevideo auf der Stimmen-Homepage zum Auftritt Marlon Williams hätte man von dem jungen Neuseeländer einen treibenderen, humorigeren Auftritt erwartet. Die Songs, die er vor leider sehr überschaubarer Zuhörerzahl am Donnerstagabend im Rosenfelspark zum besten gab, waren indes überwiegend hoch sensibel, zuweilen melancholisch, nachdenklich – und sehr, sehr schön.

Mit Roy Orbison wurde Williams’ Stimme im Vorfeld verglichen. Bei solch hohen Ansprüchen wird man erst mal misstrauisch. Doch tatsächlich: Von der hohen, androgynen Kopfstimme bis zum sonoren Tiefklang – der Mann hat eine enorme Bandbreite und ein charismatisches Vibrato, das unverwechselbar ist und tatsächlich an die ganz Großen erinnert, an denen sich Williams im übrigens ganz bewusst orientiert.

Der schlaksige 28-Jährige erstaunt zudem mit Mut zur emotionalen Hingabe, was indes niemals aufgesetzt oder effekthascherisch wirkt. Mit noch nicht mal 30 weiß er offenbar um seelische Tiefen, ums Verlassensein, um eine verlorene Liebe und Einsamkeit.

Der Stil seiner Songs variiert vom Folk über Rock, dazu ein Schuss Country und 50er Jahre Retro-Touch, bis hin zum dunklen Blues, wenn er mit Sehnsucht in der Stimme ins Mikro raunt „When You’re here“, Wenn du da bist. Syntheziser-Solos sind ebenso eingewebt wie balladenhafte Klavierpassagen oder rockige Gitarren-Impros. Gerade diese Mischung macht das Konzert so speziell, fernab jeglichen Mainstreams.

Viele seiner Songs sind von der neuen Platte „Make Way for Love“, Mach Platz für die Liebe! Darin verarbeitet der Singer/Songwriter trotz dieses optimistischen Titels die Trennung von seiner Freundin. In „Love is a terrible Thing“ beschreibt er die Sprüche und Banalitäten, die man sich gemeinhin einredet, wenn man eine Trennung überwinden muss. In „Nobody gets what they want anymore“ fragt er, offensichtlich immer noch an seiner Ex hängend: „Was soll ich machen, wenn du in Schwierigkeiten steckst und meine Hilfe nicht mehr willst?“

Dabei kann der Sänger, Gitarrist und Keyboarder auf seine solide Band bauen. Da ist Gitarrist Dave Khan, der auch mal gefühlvoll den Geigenbogen streicht; Bassist Ben Woolley, der ebenso wie Drummer Gus Agars stimmlich überzeugt, unter anderem bei der Barry Gibb-Hommage „Carried Away“ mit hohem Falsett.

Seine ersten musikalischen Schritte machte Williams übrigens in einem katholischen Kirchenchor. Vielleicht rührt daher seine Unbefangenheit, sich tiefster Emotionalität komplett hingeben zu können, und dabei rundum ehrlich und unverfälscht rüberzukommen.

Doch er kann auch seine humorvolle Seite ausspielen. In „What’s Chasing You“ gibt’s Gute-Laune 50er Sound, tanzbar und mit Ohrwurm-Charakter. Witzig auch das „Vampire Again“, bei dem Williams – ähnlich wie im amüsanten Videoclip – mit den Armen wedelt und augenzwinkernd auf bedrohlich macht.

Ganz stark, als sich der Singer/Songwriter allein auf der Bühne, sich selbst mit der Gitarre begleitend in bester Blues-Manier die Seele aus dem Leib singt. Das Publikum ist begeistert.

Beherzt war zuvor der Auftritt von Charles Watson, begleitet nur von seinem Schlagzeuger, der mit seinen ruhigen Songs durchaus leidenschaftlich in fantasievolle Welten entführte.

FOTOGALERIE Weitere Fotos unter www.dieoberbadische.de

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