Lörrach „Dieser Ehre nicht würdig“

Bernhard Konradund Marco Fraune
Beschlossen: Der Carl Keller Weg bekommt einen neuen Namen. Foto: Kristoff Meller

Carl-Keller-Weg: Große Ratsmehrheit für Umbenennung des Straßennamens

Der Lörracher Gemeinderat hat am Donnerstagabend die Umbenennung des Carl-Keller-Wegs mit großer Mehrheit beschlossen. Der zukünftige Name steht noch nicht fest.

Von Bernhard Konrad und Marco Fraune

Lörrach. Sechs Stadträte enthielten sich ihrer Stimme, Bernhard Escher votierte gegen die Beschlussvorlage. Grüne, SPD, CDU und FDP waren sich einig: Wer Zwangssterilisationen zu verantworten hat, könne nicht durch einen Straßennamen geehrt werden.

Nach Recherchen von Johann Faltum zur Erforschung der Umsetzung des Euthanasieprogramms der Nationalsozialisten war Keller als leitender Arzt für 199 Fälle von Zwangssterilisation verantwortlich.

Die Stellungnahmen

Carl Keller sei dieser Ehre angesichts seiner Taten nicht würdig, sagte Fritz Böhler (Grüne). Keller habe darüber hinaus keine Reue gezeigt und ohne Not gehandelt: Die Umbenennung der Straße sei notwendig. Kellers Verhalten könne nicht gegen seine anderen ärztlichen Leistungen aufgewogen werden. Die Unannehmlichkeiten der Anwohner seien überschaubar – die Betroffenen seien keineswegs „Opfer staatlicher Willkür“, sagte Böhler.

Keller sei nicht in Gefahr gewesen, bei einer Ablehnung dieser Zwangssterilisationen ins KZ zu kommen, betonte Hubert Bernnat (SPD). Wie fürchterlich die von Keller verursachten Leiden betroffener Mädchen waren, gehe unter anderem auch aus Aufzeichnungen von Walter Haebler, einst Leiter der Tüllinger Höhe, hervor. Wer Verbrechen wie Keller begangen habe, könne die Ehre eines Straßennamens nicht zuteil werden.

Petra Höfler (CDU) schloss sich inhaltlich an. Sie bat die Stadt, die Anwohner des Carl-Keller-Wegs bestmöglich bei den mit der Umwandlung des Straßennamens einhergehenden Änderungen zu unterstützen.

Matthias Lindemer (Freie Wähler) teilte die Bewertung der Taten Kellers. Eine Umbenennung mache die Verbrechen aber nicht ungeschehen und erschöpfe sich in Symbolik. Dagegen sei der Aufwand für die Anwohner enorm. Die Freien Wähler stimmten nicht über die außer Frage stehenden Verbrechen Kellers ab, sondern über die Sinnhaftigkeit der Umbenennung des Straßennamens. Deshalb enthielten sich etliche ihrer Stimme.

Ulrich Lusche (CDU) entgegnete der Argumentation Lindemers, dass diese Entscheidung nicht trotz, sondern gerade wegen ihres symbolischen Gehalts richtig und notwendig sei.

Aus Sicht von Bernhard Escher (fraktionslos) genügt ein erläuterndes Zusatzschild am Carl-Keller-Weg. Er zeigte Verständnis für die verärgerten Anwohner und sprach von einer einseitigen Verwaltungsvorlage. Matthias Koesler (FDP) unterstützte die Argumentation von Grünen und SPD.

Vor dem Tagesordnungspunkt hatte eine Bürgerin die Verwaltung für ihr Vorgehen kritisiert.

OB verärgert Escher

Ein Hinweis der Ratsarbeit-Experten hat zudem dafür gesorgt, dass der Tagesordnungspunkt während der Ratssitzung erneut von OB Jörg Lutz aufgerufen wurde. Dieser hatte einen Änderungsantrag auf Kostenübernahme von Escher zuerst nicht zugelassen, da ein Ratsmitglied alleine diesen nicht stellen könnte. Das konnte er doch, woraufhin Lutz über den Antrag kurzerhand später abstimmen ließ. Nur Escher stimmte zu. „Hier behalte ich mir noch eine entsprechende Beschwerde an die Aufsicht vor“, kündigte er am Freitag an.

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