Lörrach Digitale Freiheit braucht Grenzen

Betarice Ehrlich
 Foto: Beatrice Ehrlich

Werkraum Schöpflin: Ranga Yogeshwar über digitalen Wandel und künstliche Intelligenz,

Lörrach - Künstliche Intelligenz – ein Thema, das auf außerordentliches Interesse stößt: Beim Vortrag des Wissenschaftsjournalisten Ranga Yogeshwar im Werkraum Schöpflin saßen und standen die Besucher am Sonntagabend dicht gedrängt.

Der digitale Wandel ist in aller Munde, oft ohne genau zu wissen, was unter diesem Begriff nun genau zu verstehen sei.

Der brillante Erklärer und „gelernte Teilchenphysiker“ Ranga Yogeshwar, bekannt durch zahlreiche Bücher und Fernsehauftritte, eröffnet in seinem Vortrag einen eindrücklichen Blick auf’s Ganze: In Anbetracht der heutigen Möglichkeiten, so führt er vor Augen, werden die dadurch in Gang gesetzten Veränderungen umwälzend sein. Sie sind es schon heute: Nie war so viel Information fast zeitgleich und praktisch von jedem Ort der Erde aus abrufbar. Ganze Gesellschaften und das Verhältnis der Gesellschaften untereinander werden dadurch einem tiefgreifenden Wandel unterworfen – dies bedeute aber gerade nicht, dass man den Entwicklungen passiv, oder schlimmer noch, mit reiner Ablehnung begegnen dürfe.

Yogeshwar fordert seine Zuhörer dazu auf, Verantwortung zu übernehmen und sich verstärkt damit auseinanderzusetzen, in welche Richtung dieser Wandel führen soll. Als selbstbestimmte und demokratisch verfasste Gesellschaft müsse man Grenzen ziehen – da, wo technische Neuerungen über reines Gewinnstreben hinaus keinem erkennbaren Zweck mehr folgen, da, wo sie zu repressiven Zwecken missbraucht werden, aber auch da, wo sie die Unverletzlichkeit des Individuums durch umfassende Überwachung in Frage stellen.

Er sei nicht gegen die Nutzung Künstlicher Intelligenz, im Gegenteil, betont Yogeshwar. Angesichts der Tatsache, dass er in der aktuellen Entwicklung nicht weniger als „das Ende der Aufklärung“ feststellt, dass er eine Lanze bricht für eine Art Wiederentdeckung der Langsamkeit und der Kurznachricht die Romantik eines handgeschriebenen Liebesbrief gegenüberstellt, könnte man sich diese Frage im Laufe des Vortrags tatsächlich immer wieder stellen. Müssen nicht die von ihm weltweit konstatierten Kulturunterschiede – eben gerade auch was die Nutzung Künstlicher Intelligenz betrifft, etwa in China, wo digitale Systeme zur Kontrolle der Bevölkerung eingesetzt werden – unweigerlich zu Konflikten führen?

Bürger sollen darauf bestehen, dass die Politik aktiv wird

Nicht bei Yogeshwar: Mit seinen für jedermann gut verständlichen Erläuterungen über die Entwicklung digitaler Systeme gelingt es dem sympathischen Vortragenden mit indisch-luxemburgischen Hintergrund, sogar bei anwesenden Skeptikern eine gewisse Faszination für die Rasanz technischer Neuerungen zu wecken. Schon früh hatte der Absolvent der RWTH Aachen Einblicke in die neuesten Entwicklungen im Bereich Informatik, wie er anhand einer frühen Aufnahme mit einem übermannshohen Computer der Anfangszeit beweist. Heute habe jedes Smartphone mehr Rechenkapazität als damals die größten Supercomputer, gibt er zu bedenken, und das mit einem Bruchteil des Energieverbrauchs.

Die Zuhörer gehen nicht ohne Hausaufgaben nach Hause. Insbesondere im Umgang mit den großen Plattformen, die ihre Ursprünge im Silicon Valley haben, mahnt er von politischer Seite klarere Vorgaben an, was erlaubt ist und was nicht. Die Bürger müssten darauf bestehen, dass Politik aktiv werde – und die verantwortlichen Politiker müssten besser informiert sein.

Und er übt auch Medienkritik: Dass Anstalten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch noch Geld zahlten an große Plattformen wie Facebook, hält er für eine Kapitulationserklärung („Wenn man das Monster füttert, das einen am Ende frisst“). Überhaupt, die Medien: Anstatt „ökonomischer Erregungsbewirtschaftung“ – als Beispiel nennt er die Klimadebatte – wünscht sich Yogeshwar wieder mehr Sachlichkeit bei der Auswahl der Themen, die in der Öffentlichkeit verhandelt werden.

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