Relative Sicherheit im Chateau des Avenieres
Die Familie Reutlinger, wenngleich aus Lörrach, ist nicht namentlich auf der Stele aufgeführt. Sie wurde am 22. Oktober 1940 aus Freiburg nach Gurs deportiert. Am 10. März 1941 wurde die Familie von den Behörden der Vichy-Regierung in das Lager Rivesaltes verlegt. Ronia wurde von Mitarbeiterinnen der Schweizerischen Kinderhilfe des Roten Kreuzes in Obhut genommen und befand sich zunächst im Chateau des Avenieres in der Gemeinde Cruseille in Obersavoyen in relativer Sicherheit.
Als die Situation dort für Ronia gefährlich wurde, brachte sie eine Schwester der schweizerischen Kinderhilfe unmittelbar an die schweizerische Grenze. Die verbleibenden Meter legte das Kind alleine zurück. Auf der schweizerischen Seite nahm sie ein Vertrauensmann in Empfang.
Nach dem Krieg emigrierte die nunmehr fünfköpfige Familie nach New York, wo Ronia Reutlinger-Beecher heute lebt. Sie hat in den vergangenen Jahren gemeinsam mit ihren Töchtern Judi und Andrea der Stadt Lörrach zwei Besuche abgestattet und Orte ihrer Vorfahren unter anderem in der Teich- und Grabenstraße aufgesucht. Ihre im Stadtarchiv abgelegte Geburtsurkunde weist die Schulze-Delitzsch-Straße als Wohnsitz der Familie aus.
Glückliche Fügungen
Margot Wicki-Schwarzschild wurde als Neunjährige am 22. Oktober 1940 mit ihrer Familie aus Kaiserslautern ins Internierungslager Gurs deportiert. Sie teilt damit das Schicksal der aus Lörrach dorthin verschleppten Juden. Ronia Reutlinger-Beecher und Margot Wicki-Schwarzschild kennen sich aus dem Lager Rivesaltes.
Durch glückliche Fügungen und die Unterstützung einer Schweizer Krankenschwester konnten Margot Wicki-Schwarzschild mit ihrer Schwester und Mutter vor der Deportation nach Auschwitz gerettet werden. Ihr Vater wurde in Auschwitz ermordet und erlebte die Befreiung des KZ am 27. Januar 1945 nicht mehr. Die Mutter kehrte mit den Mädchen schon im Herbst 1946 zurück nach Kaiserslautern und lebte später mehrere Jahre in Lörrach Margot Wicki-Schwarzschild lebt heute bei Basel.
Auch im hohen Alter ist es ihr ein Anliegen, durch ihren Zeitzeugenbericht die Erinnerung an den Holocaust wach zu halten. Sie zeigt durch ihre Geschichte, welche Schlüsselrolle der persönliche Einsatz und die Zivilcourage Einzelner für das Überleben von tausenden Jüdinnen und Juden gespielt haben. Ihre Erfahrungen sind ein Appell für Zivilcourage sowie gegen Rassismus und Antisemitismus heute.