Umfrage: Die SPD entschließt sich zu Verhandlungen mit der Union / Ortsverband sieht Wahl positiv.
Lörrach. Mit einer knappen Mehrheit von 56 Prozent haben sich die Mitglieder der SPD beim Parteitag am Sonntag für Verhandlungen mit der Union entschieden. Lörracher SPD-Mitglieder sowie CDU-Bundestagsabgeordneter Armin Schuster und der Lörracher CDU-Fraktionsvorsitzende Ulrich Lusche äußerten sich auf Anfrage unserer Zeitung zum Ergebnis des Parteitags.
Von Susann Jekle
Günter Schlecht (SPD-Fraktionsvorsitzender)
„Das ist gelebte Demokratie mit einer lebhaften und emotionsgeladenen Debatte und dem Austausch unterschiedlicher Auffassungen. Ich bin zufrieden mit der Entscheidung, in die Verhandlungen einzutreten. Nach dem Jamaika-Aus macht es keinen Sinn, sich in den Schmollwinkel zurückzuziehen.Die SPD muss selbstbewusst und mutig an die Sache herangehen, denn in der Regierung kann man mehr erreichen als in der Opposition. Nun liegt es an der Mitgestaltung der Regierung.“
Jonas Hoffmann (ehemaliger SPD-Bundestagskandidat):
„Ich habe mich schwer getan und habe versucht, zwischen den Lagern in der Partei zu vermitteln. Persönlich hätte ich gegen die Verhandlungen gestimmt. Nun braucht es harte Koalitionsverhandlungen, denn für die SPD gibt es viele rote Tücher. Die Debatte beim Parteitag war ein Beispiel für Demokratie, bei dem die Bandbreite innerhalb der Partei rüberkam und nach außen transparent gemacht wurde. So etwas bräuchten wir mehr in unserer Demokratie und in anderen Parteien.“
Philipp Schließer (SPD-Kreisvorsitzender):
„Dass letztlich die Mitglieder entscheiden, finde ich gut. Das knappe Ergebnis vom Sonntag zeigt, dass die Sondierungsergebnisse nicht ausreichend waren. Die CDU/CSU muss zeigen, wie wichtig ihr eine große Koalition ist und Zugeständnisse machen – zum Beispiel in Sachen Geld für den Wohnungsbau und die Bürgerversicherung. Den Parteitag habe ich via Live-stream verfolgt. Die Debatten waren sehr inhaltlich und auf hohem Niveau geführt.“
Michael Pilgermayer (Vorsitzender SPD Lörrach): „Ich hätte wie die Mehrheit im Parteitag abgestimmt. Nun müssen die Verhandlungen genutzt werden, um die bisher nicht zufriedenstellenden Sondierungsergebnisse zu verbessern. Wir wollen mehr erreichen in Sachen Bürgerversicherung und sozialer Gerechtigkeit. Die Debatte im Parteitag wurde – wie im Ortsverein – kontrovers aber sachlich geführt.“
Hubert Bernnat (Stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender):
„Ich war bereits im Vorfeld dafür, dass die SPD mit der Union eine große Koalition eingeht. Deshalb bin ich zufrieden, dass die SPD mit Mehrheit dafür gestimmt hat und ihre Verantwortung wahrnimmt. Man muss respektieren, dass die Partei gespalten ist; der Parteitag hat gezeigt, dass man trotzdem fair und konstruktiv ohne Vorwürfe und Diffamierungen reden kann. Neben dem Abstimmungsergebnis wurde mit der Debatte ein wichtiges Zeichen für Demokratie gesetzt.“
Armin Schuster (CDU-Bundestagsabgeordneter):
„Das Ergebnis ist eine Erleichterug, aber noch ist nichts in trockenen Tüchern. Die SPD hat sich selbst unter Druck gesetzt. Jetzt die Sondierungsergebnisse in Frage zu stellen, ist nicht einfach. Wenn die SPD nachfordert, tut die CDU es auch. Wir sollten bei dem bleiben, was sondiert wurde.“
Ulrich Lusche (CDU-Fraktionsvorsitzender):
„Was ist der Sinn einer Partei, wenn nicht das Übernehmen von Verantwortung? Ich finde es gut, dass die knappe Mehrheit der SPD sich dafür entschieden hat, sich nicht zu verweigern und Verantwortung zu übernehmen.
Sich zu verweigern, wäre ein großer politischer Schaden für die SPD gewesen. Ein Koalitionsvertrag ist immer ein Kompromiss – die SPD nimmt ihre Verantwortung wahr, darf jetzt aber nicht zu viel verlangen und immer neue Forderungen stellen, denn für die CDU gibt es auch rote Linien. Ich hoffe, dass es zügig geht und es bald eine handlungsfähige Regierung gibt.“
