Lörrach Ein Dämpfer für das Hochhaus

Bernhard Konrad

Nördlich Engelplatz: Bürgerinitiative gegen geplanten Hochpunkt / Pottstock: „Es gibt Alternativen“

Lörrach - Die städtischen Pläne für die Bebauung des Gebiets „Nördlich Engelplatz“ werden mehrheitlich vom Gemeinderat mitgetragen. Nun hat die freiwillige frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit begonnen. Und diese organisiert bereits den Widerstand: nicht grundsätzlich gegen die Verdichtung des Quartiers, aber gegen das geplante Hochhaus. Eine Bürgerinitiative lädt zur Teilnahme an einer Online-Petition gegen das markante Gebäude ein.

Unter rechtlichen Gesichtspunkten müsste die Stadt bei diesem Projekt der Innenverdichtung die Bürgerschaft zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht einbinden.

Die frühe Beteiligung

Angesichts der Relevanz des Vorhabens und der schwierigeren Kommunikation in Corona-Zeiten möchte die Verwaltung die öffentliche Debatte aber möglichst früh in Gang bringen – die Beteiligung belegt, dass dieses Angebot angenommen wird.

Dass sich das geplante Hochhaus nicht in die Umgebung einfügt, ist offensichtlich. Im Bebauungsplan jedoch nennt die Verwaltung Gründe, die einen solchen Hochpunkt städtebaulich rechtfertigen und damit auch juristisch absichern: insbesondere das erklärte Ziel, Dichte in der Wohnbebauung zu schaffen.

Daneben vertritt das Rathaus die Auffassung, dass das Areal unweit der Innenstadt solch einen Hochpunkt gestalterisch nicht nur verträgt, sondern dass dieser sogar als Quartiers-Charakteristikum identitätsstiftend wirken könnte.

Die Bürgerinitiative

Das sieht die Bürgerinitiative anders: Ein rund 44 Meter hohes Gebäude passe nicht in dieses historische Umfeld und verhindere eine bürgerfreundliche Atmosphäre, sagte Iris Pottstock als Mitstreiterin der Initiative im Gespräch mit unserer Zeitung. Sie plädierte für eine „Verdichtung mit Augenmaß“ und schlug als Alternative ein maximal sechsgeschossiges Wohnhaus vor.

Die hierdurch verlorenen Wohnungen des Hochpunktes könnten durch eine jeweils ein- bis zweigeschossige Aufstockung der anderen Neubauten kompensiert werden, sagte Pottstock. Damit würden auch bessere Voraussetzungen für eine stimmigere Gesamtentwicklung des Quartiers geschaffen, inklusive dem gegenüber liegenden Engelplatz.

Ein massives Hochhaus erdrücke dagegen als „Fremdkörper“ die städtebauliche Anmutung des Umfelds diesseits und jenseits der Wallbrunnstraße und werte die wenigen verbleibenden Baudenkmäler ab. Zudem werde insbesondere mit einem Hochhaus Wohnraum im höherpreisigen Segment geschaffen.

Abwertung befürchtet

Etwas schärfer formulierte Christoph Wellinger die Kritik: Er ist der Eigentümer des im Jahr 1563 errichteten ältesten Hauses in der Stadt in unmittelbarer Nachbarschaft zum Plangebiet. Die Kommune benötige dringend nicht nur eine Stadt-, sondern auch eine Hochhausplanung.

Es sei „absurd“, eine solche Höhe auf die wesentlich gemäßigtere Ursprungsplanung drauf zu satteln. Begriffskonstruktionen wie „Notwendige Verdichtung“ und „Tor zur Innenstadt“ seien „Worthülsen“. Er vermisse in Lörrach eine klare Analyse, „welche Wohnungen wann, wo und in welchem Preissegment gebraucht werden.“  Zudem werde allenthalben von „Aufwertung“ gesprochen. Er sehe durch das Hochhaus vielmehr eine Abwertung auf das Gebiet zukommen.

Darüber hinaus seien im Zusammenhang mit dem Gesamtprojekt „Nördlich Engelplatz“ auch Überlegungen für die Zukunft des Engelplatzes selbst und Ideen zu dessen Anbindung an die städtebauliche Situation sinnvoll und notwendig.

Die Verhältnismäßigkeit

In ihrer Petition betont die Gruppe, dass nach ihrer Auffassung gesetzliche Vorgaben nicht eingehalten würden: „Wer höher baut, muss mehr Platz lassen. Wenn es ums Wohnen geht, brauchen die Bewohner ein bestimmtes Maß an Verkehrs- und Freifläche um das Gebäude herum. Dies wird fast überall auf der Welt in den Maßen der baulichen Dichte ausgedrückt, die für Neubauten vorgeschrieben sind. Die Geschossflächenzahl definiert, wie viel Geschossfläche im Verhältnis zur Grundstücksfläche errichtet werden kann“, erläutert Dirk Werner als Mitglied der Initiative.

Beim geplanten Hochhaus bewege sich dieses Verhältnis nicht ansatzweise in einem verträglichen Rahmen. Im Gegenteil: Auch ein Blick auf die Vorgaben der Baunutzungsverordnung belege eigentlich, dass eine solche Kombination aus Geschoss- und Grundstücksfläche „gesunden Wohnverhältnissen abträglich ist“, so Werner – wohl wissend, dass die Stadt in einem neuen Bebauungsplan die Dinge so steuern könne, dass der Bau des Hochhauses möglich ist.

Die Petition

Unterdessen wünschte sich Pottstock bei Stadtentwicklungsprozessen dieser Tragweite generell eine intensivere Einbindung der Bürger in Lörrach. In der Petition schreibt die Gruppe: „Wir sehen mit dem Hochhaus das Ziel verfehlt, Verdichtung zu ermöglichen und dennoch Wohn- und Aufenthaltsqualität für alle zu schaffen.“ Mit einer baulichen Aufwertung des Quartiers habe das nichts zu tun.    www.openpetition.de/petition/online/kein-hochhaus-am-engelplatz

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