Lörrach Ein „F“ und ein Schmetterling

Die Oberbadische
Meister am Vibrafon: Wolfgang Lackerschmid im Jazztone. Foto: Veronika Zettler Foto: Die Oberbadische

Jazztone: Wolfgang Lackerschmid Connection begeisterte

Von Veronika Zettler

Lörrach. Der Vibrafonist Wolfgang Lackerschmid hat sich am Freitag nachhaltig ins Gedächtnis des Jazztone-Publikums gespielt. Aber nicht nur er, auch der Ausnahmetrompeter Ryan Carniaux, Bassist Stefan Rademacher und Schlagzeuger Guido May hinterließen mit enormer Schubkraft bleibenden Eindruck.

„Wo ist denn das F?“, soll der Vibrafonist Bobby Hutcherson verwundert gefragt haben, als er sich das Vibrafon von Wolfgang Lackerschmid ausleihen wollte. Der hatte ein Teil einfach abgetrennt, der besseren Transportierbarkeit halber, und weil die „High Tones eh nur in den Ohren wehtun“, wie Lackerschmid im Jazztone augenzwinkernd erklärte.

Anekdoten wie diese kann der vom Tegernsee stammende Wahl-Augsburger en masse erzählen, zumal er im Lauf seiner Karriere mit vielen Größen und Exzentrikern des Jazz zusammengespielt hat. Zweifellos böten allein diese Geschichten Stoff genug, um damit einen Abend unterhaltsam zu füllen. Aber Lackerschmid ist eben vor allem am Vibrafon einer der ganz Großen und das Stück „We Ain’t No Magicians“, das von dem vermissten „F“ erzählt und natürlich mit einer unhörbaren Schlussnote endet, nicht das einzige, das einer denkwürdigen musikalischen Zusammenkunft mit einem kongenialen Kollegen gewidmet ist. „Why Shouldn’t You Cry“ zum Beispiel, ebenfalls im Jazztone gespielt, erinnert an Chet Baker, mit dem Lackerschmid ab 1978 mehrere gemeinsame Aufnahmen machte.

Zum Auftakt servierte das Quartett eine elegante Verflechtung von Freddy Hubbards Klassiker „Little Sunflower“ mit „Ain’t No Sunshine“ von Bill Withers, gefolgt von Lackerschmids Stück „Four Notes“, bei dem das Quartett die Herausforderung, aus vier Noten einen musikalisch vielfältigen Kosmos entstehen zu lassen, staunenswert meisterte. Spätestens da waren Musiker und Publikum aufgetaut. Von nun an fiel der Szenenapplaus häufig und herzlich.

Man muss es schon selbst gesehen haben, wie Lackerschmid, der das Jazztone nach langer Pause wieder einmal beehrte, mit vier Schlegeln rasante Akkordfolgen über die Platten zieht und das Instrument mit vollem Körpereinsatz und gleichzeitig auffallend lässig, manchmal geradezu tänzerisch bearbeitet. Perkussives und pianistisches Spiel wechselten rasant, immer wieder gab es fließende, perlende Soli, in denen die Klangmöglichkeiten des Vibrafons oszillierten, wobei Lackerschmid auch komplizierteste Harmonien mit verblüffender Leichtigkeit servierte.

Ähnlich begeisterte das Publikum der 38-jährige, aus den USA stammende Trompeter, Flügelhornist und Trompetenprofessor Ryan Carniaux, der an diesem Abend konsequent Schwerstarbeit leistete mit seinen kraftvollen, virtuosen, stellenweise funkigen Linien und brillanten Modulationen.

Neben adaptierten Standards (Lullaby Of Birdland wurde zu „Lullaby Of Birdland – Not“) hatte Lackerschmid viel Selbstkomponiertes im Gepäck, wobei der Bayer in Stücken wie „Baierbaiao“ seiner Vorliebe für brasilianische Rhythmen freien Lauf ließ. Einige der gespielten Nummern hat er schon in den 70ern geschrieben. Zum Beispiel „Schmetterling“: Wie darin Stefan Rademacher die akustische Bassgitarre expressionistisch brummen ließ, danach die Trompete majestätisch einstieg und schließlich ein furioser Schlagzeugpart folgte, um die Stadien von Raupe, Verpuppung und Metamorphose zum Schmetterling zu illustrieren, war ein ergreifendes Erlebnis, das die Zuhörer im Jazztone mit begeistertem Applaus quittierten.

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