Von Kristoff Meller
Lörrach. Vor einem halben Jahr zogen die ersten Flüchtlinge in die Gemeinschaftsunterkunft  (GU) an der Gretherstraße ein. Inzwischen sind  79 Personen untergebracht– ohne negative Begleiterscheinungen. Die ersten Bewohner haben sogar bereits eine Arbeit gefunden.

Sein T-Shirt – das Trikot des italienischen Fußballklubs US Palermo – lässt  vermuten, welchen Weg Modon hinter sich hat. Der  18-Jährige war einer der Ersten, die im Oktober nach Lörrach kamen. Modon stammt aus Gambia in Westafrika und hat den Kontinent wie so viele per Schiff über das Mittelmeer verlassen. Inzwischen fühlt er sich fast schon heimisch in Lörrach.

Er singt im  „Soulfood“-Chor und geht beim Angelsportverein seiner Profession nach: „In Gambia war ich Fischer auf einem großen Boot“, erzählt der fröhliche junge Mann auf Englisch. „Außerdem zeige ich  den Neuankömmlingen die Stadt.“

Davon gibt es viele, allein im März wurden  40 Flüchtlinge neu zugeteilt. Mit 21 Personen stellen die Gambianer dabei die größte Gruppe (siehe Kurzinfo). Modon teilt sich mit elf Landsmännern die größte Wohnung der GU  mit einer gemeinsamen Küche und  einem Bad. „Wir sind alle Brüder – eine Familie“, erklärt der 30-jährige Bakard, der gerade in der Küche eine Pfanne für das Frühstück aus dem Regal zieht.

„Sie bekommen eine Grundausstattung für die Küche sowie ein Bett und entsprechende Kleidung“, erklärt Heimleiterin Ulrike Krämer. Außerdem bekommt jeder einen an den Hartz IV-Satz angepassten monatlichen Betrag.

„Wir haben mit unseren Jungs keine Probleme.“

Die Wohngemeinschaften sind ansonsten größtenteils unabhängig: „Es gibt eine Hausordnung wie bei einer Mietwohnung und Regeln, an die man sich halten muss“, sagt Krämer. So müssen sich die Bewohner beispielsweise abmelden, wenn sie länger als drei Tage außer Haus sind, und Besucher dürfen sie nur nach Rücksprache empfangen. „Es ist wichtig sie gleich ins Gespräch zu nehmen und beispielsweise darauf hinzuweisen, dass kein offenes Feuer in der Wohnung erlaubt ist“, erzählt Krämer.

Größere Probleme hat es laut der Heimleiterin bislang aber nicht gegeben: „Wir haben mit unseren Jungs keine Probleme.“ Dazu trage unter anderem auch die Lage der GU und die räumliche Aufteilung bei. Die insgesamt 32 Wohnungen der Wohnbau, welche  durch das „Umsetzen“ von Mietern  bis voraussichtlich Ende des Jahres  mit 100 Flüchtlingen gefüllt werden, bieten laut Krämer Rückzugsmöglichkeiten und sind zentral in der Stadt gelegen. Diese „kurzen Wege“ erleichtern Vieles.

Das kann auch Sozialberater Simon Felix Geiger bestätigen: „Die Flüchtlinge sind sehr motiviert, unternehmen viel zusammen und nutzen die Angebote des Freundeskreises Asyl.“ Dieser bietet beispielsweise ehrenamtlich ein Begegnungscafé im Alten Wasserwerk und Sprachförderung für die Asylsuchenden in der nahen Baptistengemeinde (wir berichteten). Die derzeit 17 Kinder besuchen beispielsweise den Kindergarten in Tumringen oder die Vorbereitungsklasse an der Albert-Schweitzer-Schule.

Modons Mitbewohner Balla ist einer von zwei Gambianern, die sogar  bereits eine Arbeitsstelle in einem Schnellrestaurant gefunden haben. Ein weiterer Bewohner ist laut Krämer  befristet bei den Stadtwerken angestellt. „Die Arbeitserlaubnis bekommen sie aber frühestens nach drei Monaten, außerdem muss die Identität eindeutig geklärt sein“, sagt Krämer. Das Arbeitsamt prüfe auch im Vorfeld, ob sonst niemand diese Tätigkeit ausüben kann.

In der GU selbst gibt es ebenfalls Beschäftigungsmöglichkeiten, beispielsweise in der drei Mal wöchentlich geöffneten Wäscherei im Keller oder als Aushilfe des Hausmeisters. Mittelfristig, wenn alle Wohnungen bezogen sind, soll laut Krämer  der Innenhof mit Hilfe der Bewohner umgestaltet und die Wohnungen im Erdgeschoss als Gemeinschaftsräume genutzt werden.

Schließlich sollen sich alle Bewohner so wohl und integriert fühlen wie der junge Modon. Dann lässt sich „die Ungewissheit über die eigene Zukunft“ (Geiger) wohl am besten ertragen.

Der Freundeskreis Asyl sammelt regelmäßig Sachspenden für die Unterkunft und ihre Bewohner, mehr Informationen unter www.freundeskreis-loerrach.de

Gemeinschaftsunterkunft:
Belegung (Stand März 2015): 79 von 84 Plätzen, 62 Erwachsene, 17 Kinder, 56 männlich, 23 weiblich, 41 alleinstehende Männer, fünf alleinstehende  Frauen, zehn Familien (33 Personen)
Nationalitäten: Serbien (13 Personen), Algerien (9), Syrien (3), Nigeria (6), Kosovo (2), Gambia (21), Kamerun (6), Tunesien (3), Mazedonien (6), Afghanistan (6), Albanien (4)

Gemeinschaftsunterkünfte sind keine „Verwahranstalten“. Der Landkreis möchte den Bewohnern ermöglichen, sich einzubringen und weiterzubilden. Die Heimleitung ist während üblicher Dienstzeiten anwesend, insbesondere zur Koordination der Verwaltung. Die Hausmeister stehen oftmals auch außerhalb der Dienstzeiten zur Verfügung. Die Sozialbetreuer sind Ansprechpartner und fördern integrative Freizeitbeschäftigungen, wie die Teilnahme an Deutschkursen.
In der Regel befinden sich die Bewohner in einem Asylverfahren oder werden auf der Grundlage des Aufenthaltsgesetzes aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen vorübergehend aufgenommen. Nach höchstens 24 Monaten in der Unterkunft erfolgt wiederum die Anschlussunterbringung nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel in den Gemeinden des Landkreises.