Lörrach Ein köstlicher Genuss aus Stetten

Peter Ade

Schnitzwegge: Backkunst aus dem Hause Hugenschmidt. Früchte wachsen auf eigenen Streuobstwiesen.

Lörrach - Leckereien im Advent und zur Weihnacht haben eine lange Tradition. Ganz gleich, welche Art von Backwerk die Weihnachtszeit begleitet, es verleiht ihr eine feierliche Atmosphäre. Das gilt auch für die köstlichen Stettemer Schnitzwegge aus dem Hause Hugenschmidt. „Sie gehören in unserer Familie unbedingt zu Weihnachten“, verrät Tochter Dagmar Schäfer.

Das Rezept stammt von Urgroßmutter Luise Keller, die auf dem Dinkelberg aufgewachsen ist und in Stetten mit ihrem Mann Ernst Hugenschmidt sieben Buben großgezogen hat. Ihre Kunst des Backens wurde später von Großmutter Anna Hugenschmidt übernommen. Margrit und Thomas Hugenschmidt, der mit fast 91 Jahren auch in dieser Adventszeit „ans Werk“ ging, führt die Tradition bis heute fort und wird dabei von seinen Töchtern Dagmar, Cornelia und Stephanie liebevoll unterstützt.

Thomas Hugenschmidt hat die Tradition mit seiner im vergangenen Jahr verstorbenen Frau Margrit dadurch am Leben erhalten, dass sie die aus der Familie übernommenen Streuobstwiesen auf dem Maienbühl und auf dem Buck gemeinsam in ihrer Freizeit bewirtschafteten. Schon in frühen Jahren hat man begonnen, viele verschiedene Bäume zu pflanzen. So stammen die benötigten Schnitze, Nüsse und der Schnaps bis heute sozusagen aus eigener Produktion.

Das Rezept selbst geht zurück auf eine Zeit, in der man die Produkte des täglichen Bedarfs fast ausschließlich selbst herstellte und große Familien zu versorgen hatte. Streuobstwiesen waren damals lebensnotwendig und mithin selbstverständlich.

Alles Obst verwertet

Über den Sommer bis in den Herbst hinein wurde alles Obst verwertet. Hergestellt wurden laut Dagmar Schäfer Kirsiblotzer sowie Zwetschge- und Öpfelwaie. Was nicht direkt gebraucht wurde oder nicht eingelagert werden konnte, wurde zu Most, Schnaps oder eben zu Schnitzen (Dörrobst) verarbeitet. Diese trocknete man unter Einsparung von Energie auf Spanhürdle in der Sonne. Heute nimmt man dazu bequemerweise einen elektrischen Dörrapparat, berichtet Schäfer.

Walnussbäume lieferten die willkommenen Nüsse, die an Spätherbstabenden gemeinsam ausgemacht und später zum Backen gebraucht oder zu Walnussöl gepresst wurden. In neuerer Zeit friert man die ausgemachten Nüsse ein. Sie stehen dann laut Schäfer das ganze Jahr über zum Beispiel zum Brotbacken zur Verfügung.

Das Früchtebrot, das es bevorzugt zur Adventszeit gibt, unterscheidet sich in seinen Bestandteilen. Werden überwiegend Birnen verwendet, heißt das Brot ,,Biireweck“ (Birnenwecken). Gebraucht man kleingeschnittene Früchte, ist es ein ,,Schnitzbrot“ oder eben ein „Schnitzwegge“. Manchmal nimmt man auch gedörrte Früchte als Zutaten. Da man diese im alemannischen Sprachraum ,,Hutzel“ nennt, heißt das daraus entstandene Früchtebrot ,,Hutzelbrot“.

Ein Schnitzwegge ist industriezucker- und fettarm und insofern ökologisch, als die verwendeten Schnitze aus regionalen Streuobstwiesen gewonnen werden. Das ist jedoch mit anstrengender Arbeit verbunden. Hugenschmidt ist froh, dass ihm dabei die Familie behilflich ist.

Ein aktiver Mitbürger

Der 91-Jährige ist in Stetten kein Unbekannter. Fast 35 Jahre lang leitete er in dritter Generation den Traditionsbetrieb für Installation und Blechnerei. Daneben war er in der Innung als Obermeister aktiv und saß im Lörracher Gemeinderat. „Mir lag das Handwerkliche schon immer gut, und das Backen macht mir bis heute viel Spaß“, sagt Hugenschmidt. Eine Sammlung von Mineralien und Versteinerungen ziert zudem die Wohnung an der Hauptstraße im Stadtteil.

1945 begann er eine Lehre als Installateur und Blechner im väterlichen Betrieb. Nach den Gesellenjahren legte er 1956 die Meisterprüfungen als Installateur und Blechner ab. Nach dem Tod des Vaters im Jahr 1959 übernahm Hugenschmidt den Installationsbetrieb in Stetten, der seit 1994 von den vormals langjährigen Mitarbeitern Peter und Uwe Herzog geführt wird.

Angelverein gegründet

Von 1986 bis 1999 gehörte Hugenschmidt für die CDU dem Gemeinderat an. Er engagierte sich unter anderem im Ausschuss für Umwelt und Technik, im Wieseverband, für den Burghof und die Stadtentwicklung, für die er im Gestaltungsbeirat aktiv war.

Hugenschmidts größtes Hobby ist neben dem Fotografieren das Angeln. Mit sieben Mitstreitern gründete er 1966 den Angelverein Dreiländereck Lörrach. „Viel Arbeit haben wir uns mit dem Fischbesatz im Grüttsee und in der Wiese gemacht“, erinnert er sich. Obendrein pflegt und hegt er bis heute mit Begeisterung seine Streuobstwiesen. Schließlich kommen von dort die Zutaten der Stettemer Schnitzwegge. Sie sind in aller Regel schon vergeben, noch ehe die Bleche den Backofen verlassen…

Das Rezept:

1. Schnitze über Nacht einweichen, abtropfen lassen, Einweichwasser wird gebraucht, in gewünschter Größe zerkleinern und in eine große Wanne geben (ergibt vier bis fünf Kilogramm Teig, trockenes Material: 2,6 kg).

400 g Birnenschnitze

150 g Pfirsichschnitze

100 g Mirabellenschnitze

250 g Zwetschgenschnitze

200 g Feigen

oder 1,1 kg Schnitze in beliebiger Zusammenstellung

2. 200g Rosinen in Schnaps einlegen (Mirabellen-, Zwetschgen- oder Kirschwasser)

3. Ein Würfel Hefe mit Zucker bestreuen und im Mehl etwas vorgehen lassen.

500 g Weizenmehl

250 g Roggenmehl

4. Kleinhacken:

100 g Zitronat

50 g Orangeat

250 g Walnüsse

5. Alle Zutaten in die Wanne geben, gut mischen und mit Schnitzbrühe einen Teig machen, (wie einen festen Brotteig, wenn er etwas feuchter ist, geht er schön auf), dann drei Stunden gehen lassen, besser über Nacht.

70 Zucker

½ Teelöffel Salz

½ Teelöffel Lebkuchengewürz

1 Teelöffel Kakao

½ Teelöffel gemahlene Nelken

1 Esslöffel Zimt

1,5 Esslöffel Zitronensaft + abgeriebene Zitronenschale

6. Ofen auf 220 Grad vorheizen und den Teig in zwölf Portionen teilen und Weggen mit Hilfe von Mehl formen, auf gefettetes Backblech setzen, mit Schnitzbrühe einstreichen und etwa 45 min backen, nach der halben Backzeit die Hitze reduzieren und eventuell das Blech drehen (hinten backt es erfahrungsgemäß immer stärker)

Nach dem Backen noch heiß ein zweites Mal mit Schnitzbrühe einstreichen. Aufbewahrung: in luftiger Schachtel, kann auch eingefroren werden

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