Lörrach Frauenhaus voll ausgelastet

Anja Bertsch

Künftig 24 Plätze / Finanzierung ein Dauerthema

Lörrach. Insgesamt 52 Frauen und 109 Kinder aus dem Landkreis fanden im vergangenen Jahr im Autonomen Frauenhaus Zuflucht vor Gewalt in ihrem eigenen Zuhause. Ab kommendem Jahr sollen sich die verfügbaren Plätze auf 24 verdoppeln.

Von Anja Bertsch

Bis dahin war und ist es ein steiniger Weg, machten Antje Lauber und Caroline Throm vom Trägerverein „Frauen helfen Frauen“ bei der Vorstellung des Jahresberichts deutlich: Für den Kauf einer zweiten Immobilie musste der Verein 1,5 Millionen Euro aufbringen. Gelungen ist dies dank öffentlicher Zuschüsse sowie Spenden von Institutionen und Privatleuten.

Umbauarbeiten

Zu Ende ist der Weg damit noch nicht: Im bestehenden wie im neuen Haus stehen aktuell Umbauarbeiten an, die Zeit und Geld in Anspruch nehmen und mit Unwägbarkeiten verbunden sind.

Läuft es nach Plan, soll das bestehende Haus Anfang 2023 wieder verfügbar sein, das neue bereits ab Spätsommer 2022. Ein regulärer Betrieb ist bis dahin nicht möglich, bedauern die Verantwortlichen – betonen aber: „Eine Notunterbringung für den akuten Schutz ist weiterhin gewährleistet.“

„Unser Ziel ist es, das Hilfesystem für die von Gewalt betroffenen Frauen und Kinder zu erweitern“, erklärt Caroline Throm mit Blick auf die Vergrößerung. Dabei habe man finanziell und ideell viel Zuspruch erfahren. „Das war großartig und hat uns durch diese schwierige Zeit getragen.“

Finanzierung

Durch die vielfältige Unterstützung sei in der Öffentlichkeit allerdings teilweise der Eindruck entstanden, dass das Frauenhaus nun quasi „ausgesorgt“ habe. Das treffe leider nicht zu, macht Antje Lauber deutlich: Tatsache ist, dass die Frauenhäuser in Deutschland und so auch in Lörrach nicht verlässlich finanziert, sondern dauerhaft und substanziell auf Spenden angewiesen sind, um ihr Angebot als Zufluchtsort für misshandelte Frauen aufrecht zu erhalten.

Über ein Drittel des Haushalts müssen über Zuschüsse, Spenden oder freiwillige Zuwendungen der Kommunen aufgebracht werden. „Es ist immer ein Kraftakt, das Geld zusammen zu bekommen,“ sagt Throm. Diese Aufgabe wird in Zukunft keineswegs leichter: Wenn sich die Plätze im Frauenhaus 2023 verdoppeln, steigen damit auch die Aufwendungen.

„Wir müssen laut und präsent sein. Und so lange die Frauenhäuser nicht voll finanziert sind, müssen wir das auch bleiben“, sagt Caroline Throm.

Voll ausgelastet

Zweifel an der Notwendigkeit des Schutzangebots lassen die fürs vergangene Jahr vorgelegten Zahlen kaum zu: Auch 2021 war das Frauenhaus beinahe voll ausgelastet – und das, obwohl die Kapazitäten zuletzt um zwei auf zwölf Plätze erweitert werden konnten. Und auch nach der nochmaligen Verdoppelung dürfte der Bedarf nicht gedeckt sein: Für ein Einzugsgebiet von der Größe des hiesigen Landkreises bräuchte es Erhebungen zufolge eigentlich an die 60 Plätze.

Vermittlung durch Polizei

Als erfreulich verbuchen die Verantwortlichen, dass die Frauen vermehrt von sich aus den Weg ins Frauenhaus finden. Am bedeutendsten sei die Vermittlung durch die Polizei. Nachgerade unbegreiflich indes sei, dass es so gut wie keine Vermittlungen durch Ärzten gebe, so Throm: „Gerade hier müssten Verletzungen durch häusliche Gewalt doch auffallen und angesprochen werden.“

Ein gutes Drittel der Frauen hielt sich 2021 nur etwa eine Woche im Frauenhaus auf. Das hat seinen Grund unter anderem darin, dass die Frauen den Zufluchtsort wegen der hohen Auslastung nach der Notaufnahme schnell wieder verlassen mussten und in ein anderes Domizil vermittelt wurden, so die Erklärung. Ein weiteres Drittel der Frauen und Kinder wiederum blieb mehrere Monate „und startetete von dort ein neues Leben“, heißt es im Bericht.

Nach dem Frauenhaus

Nach dem Aufenthalt schlagen die Frauen unterschiedliche Wege ein. Ein (zuletzt auf 11,5 Prozent gesunkener) Teil der Frauen kehrt zu ihrem Misshandler zurück. Erfreulich: Trotz des angespannten Wohnungsmarkts haben es etwa 30 Prozent der Frauen geschafft, eine eigene Wohnung zu finden.

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