Lörrach Ein Reporter und eine Eule

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Schnägge Essen: Matthias Zeller wird Protektor der Lörracher Fasnacht 2020. Motto „s’müfflet nümmi, s’stinggt scho!“

Lörrach - Ohne Oberzunftmeister und mit einem Journalisten als Protektor ist die Lörracher Fasnacht beim Schnägge Essen am Montag im „Lasser“ in die Saison 19/20 gestartet. Matthias Zeller vom SWR ist das Gesicht der kommenden Kampagne, die unter dem Motto „s’müfflet nümmi, s’stinggt scho!“ steht.

Mit einem besonders lauten „Friss’n wäg, d’r Schnägg“, das hoffentlich bis zum Krankenbett von Oberzunftmeister Andreas Glattacker in Tüllingen zu hören war, begrüßte dessen Stellvertreter Peter Quercher die zahlreichen Gäste pünktlich um 11.11 Uhr. Gemeinsam mit seinem „Outdoor-Kollegen“, Obergildenmeister Jörg Roßkopf, überreichte er nicht nur die Schleife an Matthias Zeller und einen Bauhelm an Oberbürgermeister Jörg Lutz als Schutz in städtischen Gebäuden, sondern führte auch noch kurzweilig durch das fast dreistündige Programm.

Der Protektor

Das gab’s noch nie: Nach etlichen Ober- und Bürgermeistern, Stadträten und einem Friseur-Weltmeister ist mit Matthias Zeller erstmals ein Journalist Protektor. Die Doppelrolle passt für den Radiomann aber perfekt zusammen, da man in beiden Positionen „schwätze chönne muess un niit scheuch ans Mikro anelaenge“ sollte.

Dennoch habe ihm zunächst der Mut gefehlt, erklärte Zeller in seiner Antrittsrede. Da es aber in Lörrach offenbar keinen fähigen oder verfügbaren Kandidaten gegeben habe, gelte eben wie schon bei der Narrengilde: „Findet sich in Lörrach keiner, so nehmt doch einen Weiler.“ Zumal der ehemalige Weiler Stadtrat seit elf Jahren als „Wirtschaftsflüchtling“ in Tüllingen lebt.

Die Losung

Bakterien in der Frischmilch, populistische Hitzköpfe und Klimapaket-Mogelpackungen: „Me cha des seh, wie me will, doch es sisch ganz eifach so: s’müfflet nümmi, s’stinggt scho“, präsentierte Peter Quercher die Losung mit Feststellungen wie: „Wenn Fangnetze für Schüeldächer un Sporthalledecken Standard sin, un gwählti Gmeirööt uf’s Mandat vozichte, no isch des aromatisch au kei Gwinn.“

Die Plakette

„Wenn das eine Lerche ist, bin ich ein Schwabe“, kommentierte Protektor Matthias Zeller das Motiv. Und tatsächlich, die zum wiederholten Mal vom Weiler Frank Schmohl gestaltete Plakette soll eigentlich das Lörracher Wappentier mit einer Wäscheklammer auf dem Schnabel präsentieren. Doch alle im Saal waren sich einig, dass das Federvieh wohl eher einer Eule gleicht. „Mir gefällt sie trotzdem“, kommentierte Obergildenmeister Jörg Roßkopf. Kein Wunder – wohnt er doch wie der Künstler in der Stadt der Stühle.

Die Zunftmeister

Die Zunftabendpremiere ist noch fern, die Zunftmeister durften sich dennoch schon mit einigen Lachsalven warmschießen. Philipp Buser ging dabei mit seiner Liebsten – allem Klimaprotest zum Trotz – auf Kreuzfahrt, wo er vor lauter Essen und Trinken „ColaBierte“. Klaus Ciprian-Beha beschäftigte sich ebenfalls mit dem Klima, summte fleißig für die Bienen und kritisierte das EU-Freihandelsabkommen mit Südamerika.

Ralf Buser musste seine Rede über den Eintritt in den beruflichen Ruhestand als Chef des Café Pape persönlich halten, weil ihn seine „Alexa“ im Stich ließ und auch seine geplante Weltreise als Ruheständler fiel eher kurz aus, da seine Ersparnisse bereits nach sechs Stunden aufgebraucht waren.

Helikopter-Eltern, Erstsemester-Elternabende und die Zustände in der Schullandschaft nahm Thomas Wagner zum Anlass für einen bissigen Vortrag über die Bildung: „Mir hänn kei Zit meh für Bildung, mir chönne nur noch Kompetenze und keine Fähigkeite meh ausbilde“, beklagte er und machte sich für ein „Lasser-Gymnasium“ nach dem Vorbild der „Rothaus-Arena“ stark, um wieder Geld in die Stadtkasse zu spülen.

Dass der Klimawandel auch im Markgräflerland angekommen ist, hat Karlheinz Sterzel mit einer Erdbeereis-Schmelztest herausgefunden. Nun macht er sich Sorgen um die Zukunft, die „Klimaflüchtlinge“ aus der Nachbarstadt nach Lörrach bringen könnte: „Wenn de Meeresspiegel extrem stiegt, verwütschts d’Wiiler als ersti, weil Wiil liegt jo tiefer – nit nur intellektuell sondern au geografisch“.

Die Gastredner und Schluss

Als Gastredner durfte Kanderns Alt-Bürgermeister Bernhard Winterhalter in die Bütt und präsentierte sich als Reiseveranstalter für Unruheständler mit so manchem Altherrenwitz. Manfred Wagner aus Grenzach-Wyhlen ging als Polizist mit Knöllchen auf „Schweizerjagd“, bevor im Anschluss ausgerechnet der Basler Felix Drechsler als Fata Morgana ans Mikrofon trat.

Das Schlusswort blieb traditionell Oberbürgermeister Jörg Lutz vorbehalten. Er freute sich über die Protektorenwahl. Denn nach einer Schwäbin (Margarete Kurfeß) und einer Rheinländerin (Monika Neuhöfer-Avdic) unterstreiche die Wahl eines Weilers erneut die Weltoffenheit der Eulen- äh Lerchenstadt.

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Video der Protektorenvorstellung (Kamera: Sarah Zimmermann):

 

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