Klarer Sieg für Hugenschmidt
Egon Hugenschmidt war das erste katholische Stadtoberhaupt im früher protestantischen Lörrach. Allerdings war der Anteil der Katholiken nun schon durch den Zuzug von Vertriebenen und Flüchtlingen auf 37,2 Prozent gestiegen, und die früher engen konfessionellen Grenzen schienen sich aufzulösen. Und die Stettener hatten 52 Jahre nach der Eingemeindung einen der „Ihren“ als Oberbürgermeister.
Christl hatte sich als politischer Nachfolger von Braye darzustellen versucht, konnte diese Rolle aber offensichtlich nicht glaubwürdig verkörpern. Intern wurde bei der SPD danach über die richtige Person und die richtige Strategie gestritten. Damit waren die Karten in der Lörracher Lokalpolitik neu gemischt. Die SPD musste sich daran gewöhnen, in der Rathausspitze nicht mehr vertreten zu sein. Denn auch der nun im März 1961 neu zu wählende Bürgermeister brauchte eine Mehrheit im Gemeinderat – und die war bürgerlich. CDU, Freie Wähler und Hugenschmidt wollten den in Freiburg tätigen Staatsanwalt Dr. Heinz Eyrich von der CDU, den späteren Justizminister von Baden-Württemberg. Da sie zusammen über neun von 15 Stimmen verfügten, schien die Wahl gesichert.
Doch die SPD verhinderte durch einen Vertagungsantrag dessen Wahl. Danach scherten die Freien Wähler aus und präsentierten den bis dahin völlig unbekannten Regierungsbauinspektor Karl Heitzmann, der mit 8:7 Stimmen gewählt wurde. Die SPD tat sich mit den Freien Wählern zusammen, um ohne Chance für einen eigenen Kandidaten den CDU-Kandidaten zu verhindern. Christl hatte ein Jahr nach seiner Niederlage offensichtlich das alte Lagerdenken noch immer nicht aufgegeben. Dass die SPD sich damit mit dem 1959 gewählten Freien-Wähler-Stadtrat Reinhard Boos, dem früheren NSDAP-Bürgermeister, verbündete, war ein unverzeihlicher Fehler.
Erfolgreiche Wiederwahl im Jahr 1968
Nach Ablauf der achtjährigen Amtszeit von Egon Hugenschmidt stellte die SPD für die Wahl im September 1968 keinen eigenen Kandidaten auf. Dabei hatte die Partei bei der letzten Gemeinderatswahl 1965 immerhin 39 Prozent der Stimmen erreicht. So kandidierte nur der zu der Zeit noch parteilose Rechtsanwalt Peter Jensch, der dies als Beitrag zur demokratischen Kultur gerade im unruhigen Jahr 1968 ansah. Jensch erreichte mit 30,5 Prozent einen Achtungserfolg und trat kurz darauf der FDP bei. Hugenschmidt konnte aber durchaus mit Recht behaupten, dass er „ein vom Vertrauen aller im Gemeinderat vertretenen Parteien getragener Bewerber sei.“ Selbst die SPD hatte sich mit Hugenschmidt arrangiert und viele Entscheidungen mitgetragen. Er konnte auf eine erfolgreiche Bilanz verweisen.
Vor allem im Wohnungs- und Schulbau hat Hugenschmidt in seiner ersten Amtszeit viel bewegt. 1963 konnte der Spatenstich gefeiert werden für die Errichtung des neuen Stadtteils Salzert auf dem alten Stettener Allmendfeld. Noch unter Braye hatte der Gemeinderat dazu im Februar 1960 sein Signal gegeben. Eigentlicher „Vater“ des Salzerts war allerdings Karl Arzet, der sich schon in den 50er Jahren dafür eingesetzt hatte. Insgesamt sind in der Zeit von 1961 bis 1970 rund 800 neue Wohngebäude mit 2400 Wohnungen gebaut worden.
Im Schulwesen ist vor allem auf den Neubau der Eichendorffschule und einer Realschule hinzuweisen, der Theodor-Heuss-Realschule, die 1968 an der Schützenstraße eingeweiht werden konnte. Die Mittelschulzüge waren zuvor nur notdürftig an der Hebel- und Fridolinschule untergebracht. Auch die Erweiterungen von Neumatt-, Albert-Schweitzer-Schule und Hans-Thoma-Gymnasium fallen in diese Zeit. Selbst der Abriss der renommierten Wirtschaft „Hirschen“ zugunsten des Neubaus für das Kaufhaus Hertie und die Einstellung der Tram für den Busverkehr hatten Hugenschmidt nicht geschadet. Es war die Zeit, in der in vielen Städten der Autoverkehr und der Abriss Vorrang hatten. Man wollte modern sein und das quer über alle Fraktionen.