Lörrach „Ein Synonym für Heimat“

Die Oberbadische

Brauchtum: Helmut Eckert erklärt im Interview, worauf es beim Scheibenschlagen ankommt. Heute Nachholtermin in Tüllingen.

Fasnachtsfeuer im Frühling! Der Winter muss heute Abend auf dem Tüllinger zwar nicht mehr ausgetrieben werden, gleichwohl freuen sich Freunde des Scheibenschlagens auf die um zwei Wochen verschobene Veranstaltung. Im Vorfeld sprach Bernhard Konrad mit Helmut Eckert: Der Experte fürs Scheibenschlagen erläutert die Kunst des Brauchtums jedes Jahr in einem Kurs.

Frage: Herr Eckert, Sie sind gebürtiger Lörracher, leben in Reutlingen und bieten jedes Jahr auf dem Tüllinger einen Kurs im Scheibenschlagen an. Wie kommt’s?

Mit dem Scheibenschlagen habe ich in meinem zweiten Lebensjahr angefangen – und wo immer ich auch war, habe ich diese Tradition weiter gepflegt.

Das Fasnachtsfeuer ist für mich ein feststehender Termin im Jahr. Früher habe ich immer auf dem Hünerberg, am obersten Feuer, Scheiben geschlagen. Nachdem der Hünerberg irgendwann für mich nicht mehr das war, was er gewesen ist, bin ich nach Tüllingen gegangen.

Frage: Worauf kommt es bei den Stecken an?

Die Stecken aus Hasel-Holz sollten der Körpergröße angepasst, also nicht zu lang sein. Sie sollten nicht ganz frisch geschnitten verwendet werden, aber vor allem auch nicht zu alt sein, weil sie dann hart werden und nicht mehr federn.

Frage: Aus welchem Holz bestehen die Scheiben?

Aus Buchenholz, das mindestens ein Jahr getrocknet wurde.

Frage: Wie muss die Scheibe auf dem Stecken platziert werden? Wann sitzt sie richtig?

Zwischen der Scheibe und dem Stecken darf sich keine Rinde befinden, sie muss mit dem Messer entfernt werden. Man kann hören, ob die Scheibe richtig passt, denn sie muss satt sitzen, und das erzeugt beim Aufdrehen der Scheiben auf den Stecken ein knarzendes Geräusch. Und: Sie muss oben plan aufsitzen. Wenn der Stecken aus der Scheibe herausragt, kann sie sich nicht gut lösen und fliegen.

Frage: Wie wird die Scheibe zum Glühen gebracht, ohne den Stecken in Mitleidenschaft zu ziehen?

Das Problem ist, dass viele Leute den Stecken so ins Feuer halten, dass er mit Flammen in Kontakt kommt, und das darf nicht sein. Die Scheibe wird nur in die Glut gehalten.

Frage: Wie intensiv muss die Scheibe angebrannt werden?

Mitunter werden die Scheinen etwas zu lange ins Feuer gehalten. In der Dunkelheit sind sie recht schnell angeglüht und gut zu sehen.

Frage: Wo sollte die Scheibe auf der Rampe ausgeschlagen werden? In der Mitte oder am Ende?

Man stellt sich zunächst auf die Höhe des Pfahls, auf dem die Scheibenbank liegt. Abgeschlagen wird ganz vorne, also quasi am Ende des Bretts.

Frage: Wo touchiert die Scheibe beim Abschlag idealerweise das Brett – auf der spitzen Eck-Kante, oder entlang der schmalen Längsseite?

Sie muss auf der spitzen Kante aufkommen, dann bekommt sie den richtigen Dreh.

Frage: Was macht für Sie die Faszination des Scheibenschlagens aus?

Es ist einerseits die Urtümlichkeit: Die Rituale, das Feuer, die Begegnungen, das Alemannische, die Natur und die Gedanken, die mit den Scheiben verbunden werden.

Andererseits ist es die stärkste Verbindung, die ich noch zu Lörrach habe. Für mich ist Scheibenschlagen ein Synonym für Heimat. Solange es das Fasnachtsfüür gibt, wird diese Leidenschaft fürs Scheibenschlagen in mir weiterglühen.

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