Die Bauarbeiten für die auf drei Jahre begrenzte Anschlussunterbringung  von 150 Flüchtlingen  im Gebiet Neumatt-Brunnwasser schreiten voran. Das Besondere: Statt einem Fundament aus Beton werden die  36 Holzmodul-Wohneinheiten auf 480 Stahlschrauben stehen. Der Vorteil: Die Bebauung lässt sich nach der temporären Nutzung rückstandslos entfernen.

Von Kristoff Meller

Lörrach-Haagen. Sie sind 210 Zentimeter lang, wiegen 21 Kilogramm und sollen in wenigen Wochen das Fundament für Wohnungen, Gemeinschaftsraum, Begegnungscafé und Büros sowie  Waschräume bilden. „Das ist die beste Lösung, um ohne Abfall zu bauen“, erklärte Armin Claar, Bauleiter und Vertreter der Firma Variahome, vor Ort am Donnerstag.  Ein klassisches Betonfundament hätte wesentlich mehr Zeit in Anspruch genommen, bestätigte Judita Kovac, stellvertretende Fachbereichsleiterin Grundstücks- und Gebäudemanagement.

Gelände muss „im Originalzustand“ zurückgeben werden

Außerdem muss die Stadt das von der katholischen Kirche gepachtete, 5400 Quadratmeter große Grundstück nach der auf drei Jahre beschränkten Nutzung „im Originalzustand“ zurückgeben, wie Bürgermeister Michael Wilke betonte. Dies sei bei einem Betonfundament nicht möglich. Die Schrauben lassen sich hingegen einfach herausdrehen und weiter verwenden.

Mitte März hatten die Erdarbeiten begonnen. Zunächst wurde der Mutterboden abgetragen, die Fläche eingeebnet und Schotter aufgebracht. Die Stadtverwaltung hatte jedoch große Schwierigkeiten, überhaupt ein Bauunternehmen zu finden: „Wir haben zehn angeschrieben und nur einer hat überhaupt ein richtiges Angebot abgegeben“, erklärte Kovac. Um so erfreuter sei die Stadt, ergänzte  Wilke, dass die Firma Knobel (Hartheim) „überredet werden konnte, nicht nur ein Angebot abzugeben, sondern auch direkt anzufangen“.

Massivholz-Module mit Holzfaser-Dämmung und Dachbegrünung

Seit Dienstag werden nun die Schrauben gesetzt, bevor die Anschlüsse für Wasser, Abwasser, Strom und Telefon gelegt werden. Anschließend werden die ersten sechs von insgesamt zehn Häusern auf den Schraubfundamenten und zusätzlichen Stahlträgern per Kran angebracht. Das Aufstellen dauert laut Claar pro Modul nur etwa eine Stunde.

Die aus Massivholz gefertigten Module mit Holzfaser-Dämmung und Dachbegrünung werden „bereits zu 98 Prozent im Betrieb vorgefertigt“, wie Claar erläuterte, und aufgrund ihrer Größe als nächtlicher Schwertransport mit Polizeibegleitung vom Produktionsstandort Wangen im Allgäu angeliefert.

Mitte Mai sollen dann die ersten 84 Bewohner – Familien und alleinstehende Personen aus unterschiedlichsten Nationen – einziehen. Bis zum Juli sollen alle 150 Plätze belegt sein, was mit einem Sommerfest und einem Tag der offenen Tür gefeiert werden soll.

Wilke kritisiert Hetze gegen Unterkunft

Unterdessen wird seit Ostern auf der Facebook-Seite „Frauenbündnis Südbaden“ gegen die geplante Unterkunft Stimmung gemacht. Offenbar gab es auch eine kleine Aktion mit Grablichtern und Plakaten vor Ort. Bei der Baustellenbesichtigung am Donnerstag hing an besagter Stelle lediglich ein Brief einer Haagener Bürgerin, die die  „plakativen Parolen“ kritisierte und „konstruktive Diskussionsrunden“ forderte.

 „Wenn ich auf alles reagieren würde, was bei Facebook steht, käme ich zu nichts mehr“, erklärte unterdessen Michael Wilke zur Aktion. Er zeigte sich überzeugt davon, dass die Urheber der Seite „nicht aus dem Ortsteil kommen“ und vermutlich auch „keine Frauen aus Südbaden“ sind. Leider sei   aber in der Vergangenheit  – egal ob bei der ersten geplanten Flüchtlingsunterkunft in der Hofmatt oder beim Komplex an der Gretherstraße – in den sozialen Netzwerken stets versucht worden, die „berechtigten Sorgen der Bürger auszunutzen“.

Wilke bezeichnete es als  „unterirdisch“, sich „hinter der Anonymität von Facebook zu verstecken und mit Dreck zu werfen“. Er sprach sich für eine offene Kommunikation aus und  sei gerne bereit, mit „Frauen aus Südbaden“ über das Thema zu sprechen.

Ortsvorsteher Horst Simon ergänzte: „Das Grundproblem, dass Menschen flüchten, werden wir hier nicht lösen können, aber wir können dafür sorgen, dass sie für eine gewisse Zeit anständig untergebracht sind.“