Lörrach Ex-Vorsitzender soll 200 000 Euro veruntreut haben

Ingmar Lorenz

Urberg-Verein-Ermittlungen: Kontoauszüge gefälscht und privaten Vereins-Kredit über Verein aufgenommen

Durch das Fälschen von Kontoauszügen und die Aufnahme eines Vereins-Kredits für private Zwecke hat der ehemalige Vorsitzende des Urberg-Vereins mehr als 200 000 Euro veruntreut, so der aktuelle Ermittlungsstand. Der Mann hat seine Schuld eingeräumt. Die neue Vereinsführung hat inzwischen Anzeige erstattet. Obwohl die finanziellen Belastungen enorm sind, ist der Fortbestand des Vereins gesichert, heißt es.

Von Ingmar Lorenz

Lörrach. Nur mit Transparenz und Offenheit kann der Neuanfang nach dieser Geschichte gelingen, sind Albrecht Schmidt, neuer Vorsitzender des Urberg-Vereins, sowie Schriftführer Martin Haas, Schulleiter des Weiler-Kant-Gymnasiums, überzeugt. Deshalb müsse jetzt alles auf den Tisch, sagen sie und erzählen von Anfang an:

Vor etwa einem Jahr wird Albrecht Schmidt neuer Vorsitzender des Urberg-Vereins, nachdem sein Vorgänger gut zehn Jahre im Amt gewesen ist. Im Vorfeld der Sitzung, in welcher der Wechsel an der Vereinsspitze ansteht, ist routinemäßig die Kasse geprüft worden, wobei keine Beanstandungen festzustellen waren. Für die Mitglieder stellt sich die Situation so dar, dass der Verein zwar durch den kürzlich erfolgten Neubau hohe finanzielle Verbindlichkeiten hat, sich auf dem Vereinskonto aber gut 60.000 Euro befinden. „Es war für uns alles im grünen Bereich“, fasst Haas den Eindruck zusammen.

Wie es beim Wechsel an der Vereinsspitze üblich ist, will Schmidt in den kommenden Tagen und Wochen eine Übergabe mit dem bisherigen langjährigen Vorsitzenden in die Wege leiten. Dieser allerdings ist schwer zu erreichen. Termine werden verschoben oder abgesagt. Schließlich kann Schmidt nicht länger warten. Mit der zweiten Vorsitzenden geht er zur Bank, um sich Vollmachten zu beschaffen. „Schließlich musste der Verein handlungsfähig bleiben.“

Kontoauszüge stimmen plötzlich nicht

Bei diesem Besuch stellt sich heraus, dass die Kontoauszüge, die bei der Kassenprüfung vorgelegt wurden, nicht mit dem Kontostand übereinstimmen. Tatsächlich ist das Konto um gut 10 000 Euro überzogen. Sofort wird die Kasse erneut geprüft, diesmal mit den Kontoauszügen, die der Bank vorliegen. Dabei zeigt sich, dass wiederholt hohe, glatte Beträge vom Konto abgehoben worden sind. Zugleich wird klar: Die Auszüge, die den Kassenprüfern vom ehemaligen Vorsitzenden vorgelegt wurden, sind gefälscht. „Diese Fälschungen waren so gut gemacht, dass die Kassenprüfer keine Möglichkeit hatten, die Wahrheit zu erkennen“, betont Schmidt. Sein Vorgänger im Amt des Vorsitzenden des Urberg-Vereins hat auf diese Weise in der Summe etwa 104 000 Euro veruntreut. Das Ganze war nicht früher aufgefallen, da zunächst die Ehefrau des Vorsitzenden Kassiererin war, so Schmidt. Im Januar 2021 hatte sie dieses Amt niedergelegt. Die letzten Monate betreute der ehemalige Vorsitzende die Kasse dann sozusagen mit, erklärt Haas.

Aber die Geschichte geht noch weiter: Denn der neue Vorstand wird von der Bank auch darüber informiert, dass es noch ein weiteres Vereinskonto gibt. Und: Es wurde vom Verein – beziehungsweise vom ehemaligen Vorsitzenden – ein Kreditvertrag in Höhe von 120 000 Euro abgeschlossen. Das zweite Vereinskonto war eingerichtet worden, um darüber den Kredit zu refinanzieren. Die Deckung dieses Kontos und damit die Rückzahlung des Kredits liefen über private Einzahlungen des ehemaligen Vorsitzenden. Schleierhaft ist dem Vereinsvorstand, warum es möglich war, dass der Kredit von der Bank ohne die Vorlage von Sicherheiten gewährt wurde. Andererseits seien die Rückzahlen seit seinem Abschluss 2017 aber eben auch regelmäßig über das zweite Vereinskonto erfolgt.

Rückzahlungsplan scheitert zuerst

Nach der Entdeckung der Veruntreuung versucht Schmidt zunächst noch, mit dem ehemaligen Vorsitzenden zu einer Übereinkunft zu kommen. Mit anwaltlicher Unterstützung wird eine Art Rückzahlungsplan für das veruntreute Geld ausgearbeitet. Als die geforderten Überweisungen dann aber ausbleiben, entschließt sich der neue Vorsitzende, die Sache zur Anzeige zu bringen. Es liegt inzwischen auch ein notariell beglaubigtes, volles Schuldeingeständnis des ehemaligen Vorsitzenden vor, betont Schmidt. Die Ermittlungen der Polizei dauern noch an.

Der über den Verein abgeschlossene Kredit wird inzwischen vom ehemaligen Vorsitzenden zwar weiterhin zurückgezahlt, das Geld, das er vom offiziellen Vereinskonto abgebucht hat, ist jedoch weg. Mit der Intention, Gewinne für den Verein zu erzielen, auch um damit Geld für den Neubau zu erwirtschaften, hat der ehemalige Vorsitzende mit dem Geld an der Börse spekuliert und es so verloren, legen Haas und Schmidt dar. „Er wollte, dass der Verein schuldenfrei dasteht.“

Schuldenstand rund ein halbe Million Euro

Letztlich hat dieses Vorgehen genau das Gegenteil bewirkt: Der Schuldenstand des Vereins beläuft sich inzwischen auf 520 000 Euro, ohne die Veruntreuung wären es gut 200 000 Euro weniger, schätzen Schmidt und Haas.

Wichtig ist es Schmidt, zu betonen, dass der Verein trotz der Misere finanziell über den Berg sei. „Wir werden es aber gerade so bewältigen.“ Allerdings ist der Haushaltsplan für 2022 und die Folgejahr „eng genäht“, sprich: Der Verein hat wenig finanziellen Spielraum.

Die Hoffnungen ruhen nun darauf, dass der privat genutzte Kredit über 120 000 Euro vom ehemaligen Vorsitzenden vollständig abbezahlt wird. Um die fehlenden 100.000 Euro vom Vereinskonto auszugleichen, sei zudem ein Überbrückungskredit in eben dieser Höhe aufgenommen worden. Ein Lichtblick ist für den Verein, dass die Baumaßnahmen am Schullandheim inzwischen abgeschlossen und auch vollständig „durchfinanziert“ sind. Das sei umso wichtiger, da der Verein durch Corona zuletzt heftige Einnahmeausfälle zu verkraften hatte, legt Schmidt dar.

Der Blick voraus

Man wolle nun in eine positive Zukunft starten, damit vor allem die inhaltliche Arbeit im Schullandheim wieder ins Zentrum rückt, für die der Verein die Infrastruktur zur Verfügung stellt.

Ein erster Schritt dazu ist eine Satzungsänderung, die bei der Mitgliederversammlung kommende Woche beschlossen werden soll. Durch diese werden künftig Finanzentscheidungen des Vorsitzenden stark reglementiert. „Das schränkt meine Freiheiten ein, aber ich bin froh drum, dass ein Mehraugenprinzip garantiert wird“, sagt Schmidt.

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