Lörrach „Früher war ich wütend auf die Welt“

Gabriele Hauger
„Worte sind nur Mittel zum Zweck“, sagt Finn Ronsdorf.   Foto: Carlos Darder

Interview: Finn Ronsdorf über seine Schritte von der Stille zum Singen und zu den Worten

„Der erste seiner Art: Finn Ronsdorf – Suchender und Sänger – verbindet deutschen Expressionismus mit queerem Songwritertum“, schreibt die Welt über den jungen Künstler, der am Donnerstag, 7. Juli, 20 Uhr beim Stimmen-Festival im Lörracher Burghof auftritt.

Von Gabriele Hauger

Lörrach. Schriftsteller, Sänger, Komponist – die Musik von Finn Ronsdorf ist eine Melange aus Soul und Pop, die sich durch eine unverwechselbare Extravaganz auszeichnet. Als Sohn eines Theologen und einer Künstlerin beschäftigten Finn Ronsdorf schon früh existenzielle Fragen, die ihn vom Schwarzwald bis nach Berlin führten. Hier schuf er in Zusammenarbeit mit dem Filmemacher und Fotografen Matt Lambert sowie der Produzentin Jane Arnison seine Debüt-EP „Odes“, die Mitte 2020 veröffentlicht wurde. Kennzeichen sind seine emotionalen und fragilen Texte und die Inszenierung in allem Visuellen rund um seine Songs herum. Finn Ronsdorf ist Sinnsuchender, der mit seiner Musik Einblick in sein Inneres gewährt und dadurch intellektuelle Gedanken in große Pop-Gesten verpackt. Wir sprachen im Vorfeld des Konzerts mit ihm, einem Mann, der die Gegenfrage liebt.

Frage: Ein Junge aus dem Schwarzwald. Wo sind Sie aufgewachsen? Erdet diese Herkunft eigentlich?

Geboren bin ich eigentlich in Wuppertal, aufgewachsen in Oberkirch. Erden, was bedeutet das? Ich bin ja immer da, jetzt und hier – ob in Berlin oder im Schwarzwald. Kein Erden notwendig! Toll sind sie aber, die Berge, der Duft, die Stille, das Grün.

Frage: Wann und wie haben Sie zum Singen und Schreiben gefunden? Wie verliefen die ersten Schritte?

Das war ein organischer Prozess und lässt sich deshalb nicht wirklich zurückverfolgen. Es ist ja auch nicht, als ob man danach sucht. In unserem Haus wurde immer viel Musik gehört und gemacht, mein Vater spielt Gitarre, wir hatten ein Klavier im Wohnzimmer, es wurde gesungen. Die Schritte waren: Von der Stille zum Singen und vom Singen zu den Worten, von den Worten zum Sprechen und Schreiben.

Frage: Warum sind Sie nach Berlin gegangen?

Wir sollten das „Warum“ streichen. Es war, wie es war, es ist wie es ist! Ich bin nach Berlin gegangen, damit ich den Schwarzwald besser genießen kann.

Frage: Sie werden als Suchender und Sänger bezeichnet. Was inspiriert Sie zu Ihren kühlen und doch hoch emotionalen Liedern?

Früher war ich wütend auf die Welt. Irgendwann hat’s Klick gemacht, und mir wurde bewusst, dass meine Wut Teil der Welt ist, und Grund für das, auf was ich wütend war. Nun sollen die Songs den Menschen annehmen lassen, was ist. Völlige Hingabe, das ist die Akzeptanz dessen, was ist.

Frage: Aus welchen Quellen schöpfen Sie? Wer hat Sie beeinflusst, und wurden diese Wurzeln schon in Ihrer Kindheit gelegt?

Aus allem, was da ist und war. Wie könnte und warum sollte ich versuchen, das auseinanderzunehmen? Ich kann mich nicht trennen von den Dingen um mich herum. Was reinkommt, kommt raus. Und das ist hier im ständigen Wechsel.

Frage: Klang, Visualität, Performance – Ihre Auftritte sind ein Gesamtkunstwerk. Wie wichtig sind Ihnen in diesem Werk die Texte? Und warum singen Sie auf Englisch?

Die Worte sind nur Mittel zum Zweck. Am schönsten wär’s ganz ohne Worte. Aber die Leute lieben Märchen. Man fühlt sich weniger allein, versucht, sich mit einer Geschichte zu identifizieren. In Wirklichkeit ist man immer allein, auch wenn man sich sagt: Was da gesungen wird, ist genau so, wie ich es empfinde. Wer macht diesen Vergleich? Auch das Vergleichen findet in einem selbst statt.

Ich bin mit englischsprachiger Musik aufgewachsen, auch das kam ohne bewusste Hinterfragung. Jetzt schreibe ich auch auf Deutsch.

Frage: Wie und in welchen Lebenssituationen entstehen Ihre Songs?

Wie, warum,.. das sind alles Worte, auf die ich keine Antwort finde. Ich könnte mir da einen schlauen Satz zurechtrücken, aber da würde ich Ihnen und mir selbst ein Märchen erzählen. Aber ein Märchen wollen wir hören. Also: Aus Langeweile? Einer Intention heraus? Aus Schmerz? Um jemandem zu imponieren? Das sind alles leere Worte. Die Songs geschehen einfach, das hat wenig mit mir zu tun.

Frage: Beim Hören Ihrer Musik würde man vermuten, Sie sind ein melancholischer Mensch. Ist das so?

Was soll das sein? Wir benutzen diese Worte und Phrasen so leicht und nehmen sie an, leben danach, reden uns dies und jenes ein und sagen: So bin ich. Sagen wir, ich bin melancholisch, was auch immer das sein soll. Dann bin ich das, für eine Sekunde oder drei, dann passiert wieder etwas Neues. Ich bin keine standhafte Entität. Mal so, mal so – wie wir alle. Warum sich einreden, dass man ein „melancholischer Mensch“ ist, für immer? Das ist zu kindisch.

Frage: Welche Stücke werden Sie bei Ihrem Auftritt im Burghof präsentieren?

Ich habe ein Programm im Auge. Aber an dem lässt sich immer auch wieder rücken. Wir werden sehen!

  Stimmen-Festival: Finn Ronsdorf, Donnerstag, 7. Juli, 20 Uhr, Burghof Lörrach. Karten über www.stimmen.com sowie auch in unseren Geschäftsstellen

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