Lörrach Gebet – in Musik umgesetzt

Beatrice Ehrlich
Das „Vaterunser“ stand im Zentrum des gelungenen Auftritts von „Viva Voce“. Foto: Beatrice Ehrlich

Musik: Ensemble Viva Voce präsentiert Vaterunser-Vertonungen in der Lörracher Stadtkirche.

Lörrach - Den fünften Sonntag nach Ostern, der in der evangelischen Kirche den Namen „Rogate“ (lat: Betet) trägt, haben Herbert Deininger und sein Ensemble Viva Voce zum Anlass für ein besonderes Benefizkonzert im Rahmen der Reihe „Klangraum Kirche“ genommen.

Das Vaterunser als zentrales Gebet der Christen stand im Mittelpunkt der Vertonungen aus unterschiedlichen musikalischen Epochen: vom Bach-Zeitgenossen Georg Böhm bis Igor Strawinsky.

Die Idee, die musikalische Umsetzungen des Vaterunsers nacheinander in einer Art Serie erklingen zu lassen, stößt in den beiden Konzerten am Samstagabend in der Lörracher Stadtkirche und am Sonntagabend in der St.-Georgs-Kirche in Haltingen auf Interesse. Beeindruckend ist die große stilistische Bandbreite des Chors, der sich zusammen mit seinem Dirigenten Herbert Deininger auf das Experiment eingelassen hat. Intonationssicher und stilistisch agil gelingt es den zwölf Sängerinnen und fünf Sängern, die unterschiedlichen Klangfarben der meist kurzen Vaterunser-Vertonungen zum Leuchten zu bringen. Auf die warmen, kräftigen Männerstimmen zu Beginn im „Vater unser im Himmelreich“ von Hans Leo Hassler, folgt gleich darauf ein mehrstimmiger Wechselgesang des ganzen Chors, bei dem man sich einen fröhlichen Betenden vorstellen kann.

Igor Strawinsky (1882-1971) entfaltet in seiner Variante des Vaterunser, „Pater noster“, ein komplex ausgearbeitetes Mosaik kontrastierender Töne und Melodielinien. Auffallend ist der hohe, lichte, eindringliche Ton der Sopranstimmen, dem die anderen Stimmen zum Teil synkopisch verzogen entgegengestellt werden. Ungewohnte Akkorde setzen aufrüttelnde Akzente in dieser von der musikalischen Formensprache her modernsten Vaterunser-Interpretation.

Ein inniger, fülliger Klang

Maurice Duruflé (1902-1986) führt in „Notre Père“ die einzelnen Stimmen in anheimelnden Akkorden zu einem innigen, fülligen Klang zusammen, der kurz im Raum steht und dann wieder verklingt, während Nikola Kedrov (1851-1954) die eher bedeckten, meditativen Aspekte der Zwiesprache mit Gott herausarbeitet. Giuseppe Verdi (1813-1901) macht – wie kaum anders zu erwarten – aus seinem „O padre nostro“ eine ganze Geschichte voller Höhen und Tiefen: Mit prägnanter Dynamik steigert sich der Gesang im Mittelteil zu einem inständigen Flehen. Wie Wellen bauen sich die einzelnen Bitten der Betenden zu dramatischen Klanggebilden auf, bei der Erwähnung der Hölle wird die Verzweiflung im Gesang überdeutlich.

An der Orgel ergänzt Herbert Deininger die Gesangvorträge durch noch zwei weitere Vaterunser-Interpretationen: „Vater unser im Himmelreich“ von Georg Böhm Felix Mendelssohns dreisätzige Sonate in d-Moll Opus 65/6, basierend auf dem Bach-Choral „Vater unser im Himmelreich“.

Würdiger Höhepunkt und Abschluss des Konzerts war die Aufführung der Motette „Jesu, meine Freude“ von Johann Sebastian Bach, der neben dem wunderbaren gleichnamigen Kirchenlied voller ausdrucksreicher Bilder Passagen aus dem Römerbrief des neuen Testaments zugrundeliegen, von dem nun fünfstimmig singenden Chor mit Temperament und schönen Akzentuierungen umgesetzt. Neben dem Abdruck des Textes wären hier einige Worte zum Aufbau der Motette wünschenswert gewesen, die auch dem in Kirchenmusik weniger Beschlagenen wichtige Zugänge zu dem idealtypisch aufgebauten Werk hätten erschließen können. Aber Bachs Musik, ursprünglich für den Gottesdienst geschrieben, entfaltet mit ihrem trotz aller Schwermut immer wieder aufblitzenden musikalischen Humor auch so ihren unwiderstehlichen Reiz.

Umfrage

Heizung

Der Ausbau des Fernwärmenetzes im Landkreis Lörrach nimmt Fahrt auf. Würden Sie, falls möglich, Ihr Haus an das Netz anschließen lassen?

Ergebnis anzeigen
loading