Lörrach Gegen den Strich gebürstet

Die Oberbadische

Fasnacht: Global-lokaler Schnitzelbangg-Marathon im Burghof

Von Walter Bronner

Lörrach . Wenn die Schnitzelbänggler der Lörracher Narrengilde loslegen. hat das mit dem päpstlichen Segen „urbi et orbi“ zumindest so viel gemein, als auch die deftigen närrischen Reime und die plakativen Helge (Plakate) dazu der „Stadt und dem Weltkreis“ gelten.

Bei der von Vize-Obergildemeister und Kanzellar Klaus Breitenfeld flott moderierten Schnitzelbangg-Vernissage am Freitag im dicht besetzten Burghof-Foyer ging es einmal mehr mit Volldampf „drgege“. Dabei mangelte es auch nicht an Querbezügen von kritikwürdigem globalen Geschehen zu ähnlichen auf lokaler Ebene. Aus dem Ruder laufende Planungs- und Baudebakel wie Stuttgart 21, Flughafen Berlin oder Elbphilharmonie lassen sich im Bonsai-Format auch hierzulande dingfest machen, wie die „Haugemer Chruttschlämpe“ am Beispiel vom „Krankehus (in spe) im Äntebad“ nachwiesen.

Chaotische Verkehrsführungen und Parkplatznöte wie in entfernten Metropolen entdeckten die Stettemer „Schlossdüfel“ und „Frösch“ in ihren Parodien auf die Schwyzer Autoschwemme an den Einkaufswochenenden ebenfalls. Gar nicht zimperliche Sympathiekundgebungen an die CH- und Weiler Nachbarn ließen auch die „Rüebe-Waggis“, die „Soggeflicker“ und die „Schrobbechöpf“ vom Stapel.

Gleich mehrfach aufs Tapet kamen Ereignisse, Promis, Kunstwerke und sonstige Auffälligkeiten, die seit der letzten Fasnacht die Gemüter hier und anderswo bewegten. Das Gezerre um den Binzener „Dreispitz“ etwa schon zum Auftakt bei den „Rätschgosche“ und dann noch weitere sieben Mal, ebenso oft die WM-Qualifizierungs-Schmach der Italiener.

Selbstredend wurden auch Donald Trump, Kim Jong-un und Boris Becker mehrfach auf die närrische Schippe genommen und noch öfters die Bundestagswahl mit Jamaika-Debakel und GroKo-Groteske als deren fatale Folgen.

Verbal und bildstark wider den Strich gebürstet wurden ferner der Klimawandel, die Sexismus-Debatte, der Diesel-Skandal, die Ausfall-Erscheinungen der Deutschen Bahn und das Gender-Mainstreaming. Erhellendes dazu hatten etwa die „Stettemer Wöschwiiber“, das „Jim Knopf“-Trio und die „he-aaber-o“ krächzenden „Märtwiiber“ in petto.

Auch Umweltschutz und Ressourcen-Schonung kamen aufs Tapet, nicht zuletzt mit Seitenblick auf Margarete Kurfeß, die aktuelle „grüne“ Protektorin der Lörracher Fasnacht, die sich eingangs ihre schwäbelnden Reime auf ihr Ehrenamt machte.

Herzallerliebst auch die gesungene „Liebeserklärung ans Handy“ (Rätschgosche), der Abgesang „Wilke ade“ (Stettemer Frösch), die Bänkelsongs auf das ausgetauschte „Hohlkopf-Männli“ am Senser Platz (Soggeflicker) und den Stettener Hangrutsch (Jim Knopf) sowie der Recycling-Tipp „Konfetti aus Mehrwegflaschen“ (Chruttschlämpe).

Besonders erwähnenswert: der optisch effektvolle Auftritt von „Ottfried von Aufschneider & Gottfried von Zampano“ plus Partner am Helge-Gerüst mit ihrem globalen Rundumschlag und ihren Lokalspitzen auf Lörrachs Wohnungsbau und den Hauinger Bierdeckel.

Und einen Hauch von Melancholie verbreitete Armin „Hasi“ Wetzel, der Vorsänger der „Rüebe Waggis“, als er seinen Rückzug nach über 40 Jahren aus dem operativen Fasnachtsgeschäft bekanntgab und Obergildemeister Jörg Rosskopf seine historische Waggis-Larve für den Gildenkeller vermachte.

Nachträglich extra geehrt wurde „Soggeflicker“-Aktivist und Cliquen-Kassier Stefan Watzlawczyk für langjähriges Engagement im Lörracher Fasnachtsgeschehen. Wer den Abend verpasst hat oder die Schnitzelbänggler nochmals erleben will, hat dazu Gelegenheit an deren „Laufabenden“ am 26. Januar (in Hauingen, Haagen, Tumringen) sowie 2. und 9. Februar durch die Lörracher Gaststätten.

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading