Lörrach Gemeinsam Zukunft gestalten

Kristoff Meller
Die Anzahl der Photovoltaikanlagen auf Lörracher Häuserdächern soll wie hier im Leibnizweg weiter ausgebaut werden. Foto: Kristoff Meller

Klimaschutz: Stadtverwaltung arbeitet an Energiepolitik / Bürgerschaft soll stärker involviert werden

Lörrach - Die Bedeutung von Klimaschutzfragen ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen – auch in Lörrach. Das belegt nicht zuletzt die Ausrufung des „Klimanotstands“ durch den Gemeinderat am 26. September. Wie dieser formale Akt inhaltlich ausgestaltet wird, muss sich noch zeigen. Die Verwaltung jedenfalls verbindet mit ihm die Hoffnung, dass sich in Zukunft alle Akteure in der Stadtgesellschaft verstärkt für den Klimaschutz einsetzen.

„Wir als Stadt können die Rahmenbedingungen schaffen, aber die Menschen und die Wirtschaft müssen auch mitmachen“, erklärte Oberbürgermeister Jörg Lutz beim Jahrespressegespräch. Denn wenn jeder zwei SUV fahre, aber keine Solarpanele auf seinem Dach habe, „wird’s nix“, so Lutz wörtlich. Gleichwohl brauche es „kleine Schritte“ genau so wie substanzielle Veränderungen.

Nachhaltige Energiepolitik

Die Stadt beschreite seit rund 20 Jahren den Weg der nachhaltigen Energiepolitik. Bereits 2002 wurde Lörrach als erste deutsche Kommune mit dem Schweizer Label Energiestadt ausgezeichnet. 2007 hat die Lerchenstadt als erste Kommune Baden-Württembergs den European Energy Award (eea) erhalten und 2010 den Sprung zum European Energy Award Gold geschafft.

Klimaschutz habe bei der Stadt schon vor der Ausrufung des Klimanotstands eine hohe Priorität gehabt. So wurde vom Gemeinderat 2011 eine Reduzierung der CO 2-Emissionen von etwa 83 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 beschlossen. Neben Einsparungen beim Energieverbrauch von über 50 Prozent soll im Jahr 2050 die Energieversorgung ausschließlich aus erneuerbaren Energien aus dem Stadtgebiet und der Region erfolgen. Pro Kopf sollen nur noch zwei Tonnen CO 2 pro Jahr erzeugt werden, anstelle von 14 Tonnen im Jahr 1990 und 8,5 Tonnen im Jahr 2012.

CO 2–Emissionen sinken

Außerdem hat sich die Stadt im Rahmen des Covenant of Majors (CoM, Konvent der Bürgermeister für Klima und Energie) das Zwischenziel gesetzt, bis zum gerade begonnenen Jahr etwa 48 Prozent der CO 2-Emissionen im Vergleich zu 1990 einzusparen. Während die langfristigen Ziele bis 2050 weitgehend identisch sind, gehen die Zwischenziele der Stadt Lörrach über die Ziele von Bund und EU hinaus.

Die bereits umgesetzten Maßnahmen zeigen laut Stadtverwaltung bereits heute Wirkung. Die ersten Zahlen für die Bilanz bis 2016 verdeutlichen, dass die CO 2–Emissionen weiterhin sinken.

Energetische Sanierungen

Die Bilanz bei den städtischen Gebäuden zeige ebenfalls eine deutliche Reduzierung. Gegenüber dem Höchststand von 1999 mit 3857 Tonnen wurden die gesamten CO 2-Emissionen 2018 um rund 2200 Tonnen (etwa 57 Prozent) reduziert.

Ein „negativer Ausreißer“ ist laut Bürgermeisterin Monika Neuhöfer-Avdic allerdings das sanierungsbedürftige Rathaus mit seiner großen Fassadenfläche: „Wir müssen uns in diesem Jahr Gedanken machen, wie wir uns die Zukunft des Rathauses vorstellen.“

Grundsätzlich sei die energetische Sanierung der städtischen Gebäude wichtig und sinnvoll: „Irgendwann kommt die CO 2-Bepreisung, darum lohnt sich nachhaltiges Agieren beim Sanieren. Ich bin überzeugt davon, dass sich das künftig noch stärker auszahlen wird“, erklärte Neuhöfer-Avdic.

Die Sanierungsliste für städtische Gebäude ist indes sehr lang: „Wir haben einige Projekte vor uns, der Berg ist gewaltig, aber wir müssen ihn anpacken, denn verlagern in die Zukunft bringt nichts“, fasste die Bürgermeisterin zusammen.

Bürger stärker einbeziehen

Die Stadt will die bisherige Organisationsstruktur und die Erarbeitung von geeigneten Maßnahmen weiter entwickeln, mehr Transparenz schaffen und die Bürgerschaft zukünftig stärker einbeziehen. Hierzu wurde das Gremium „Projektkommission Energiestadt“ in „Klimabeirat“ umbenannt und sei hinsichtlich der Besetzung auch den neuen Entwicklungen in der Bürgerschaft angepasst worden. Zudem ist die Gründung eines Arbeitskreises der Bürgerschaft im Januar vorgesehen, in dem Projekte und Ideen zum Klimaschutz und Klimaanpassung erarbeitet werden, die in die Diskussionen des Klimabeirats, der politischen Gremien und die Haushaltsplanberatungen einfließen.

Mitmachplan Klima

Aus dem bestehenden Arbeitsprogramm des eea und den jährlichen Zielen und Maßnahmen wird gemeinsam mit den Ideen aus der Bürgerschaft ein Klimaschutzplan erarbeitet, der neue „Mitmachplan Klima“. Erste Ideen für Maßnahmen wurden bereits von verschiedenen Initiativen wie dem Zukunftsforum eingereicht. Die Aufgabe ist nun, diese Ideen, Maßnahmen und Projekte, die auch künftig entwickelt werden, zu einem gemeinsamen Mitmachplan zusammenzuführen und diesen gemeinsam umzusetzen.

Beteiligungsformen

Neben den energetischen Maßnahmen in städtischen Gebäuden gab und gibt es Projekte die direkt an die Bürgerschaft adressiert sind, etwa Stromsparcheck, Energie- und Umwelttage, Tag der Mobilität, Energieberatung, Energie- und Klimaschutzschulen, Solarkataster, Wärmenetzsondierung oder die Gebäudesanierungsoffensive.

VHS-Reihe „klimafit“

Eine neue Aktion in diesem Jahr ist die VHS-Reihe „klimafit – Klimawandel vor unserer Haustür und was kann ich tun?“ mit sechs Kursabenden ab Februar. Der von der Stadt und zahlreichen Partnern unterstützte Kurs liefert wissenschaftliche Grundlagen zum Thema Klima und Klimawandel, wobei der Fokus auf den Veränderungen liegt, den der Klimawandel auch in unserer Region mit sich bringt.

„365 Dächer“-Wettbewerb

Die Stadt beteiligt sich an dem landkreisweiten „365 Dächer“-Wettbewerb. Bei diesem werden die Städte und Gemeinden ausgezeichnet, die innerhalb von 18 Monaten den höchsten Zubau an Photovoltaik pro Einwohner vorweisen können.

Bestandteil der Initiative sind Infoveranstaltungen zu Photovoltaikanlagen in Lörrach sowie Beratungen für Bürger.

Kooperation mit Stiftung

Zur Bewältigung der anstehenden Aufgaben im Klimaschutz werden die Stadt und die Schöpflin Stiftung ihre Kräfte bündeln und kooperieren.

Hierzu stellt die Stiftung eine Förderung von 50 000 Euro zur Verfügung. Der größte Anteil, 40 000 Euro, fließt in das Projekt „Energie und Klimaschutzschulen Lörrach“ (wir berichteten).

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