Lörrach Grantler und Gedankenflüge

Dorothee Philipp
Florian Schroeder (links) und Volkmar Staub Foto: Dorothee Philipp

Kabarett: Die letzte Zugabe im Burghof.

Lörrach - Mit der „Zugabe 2019“ ist ein kleines Stück Kabarettgeschichte zu Ende gegangen: Am Mittwoch und Donnerstag präsentierten die beiden aus Lörrach stammenden Kabarettisten Volkmar Staub und Florian Schroeder die 15. und letzte Folge dieses speziellen Jahresrückblicks. Der Lörracher Burghof war ausverkauft, nicht nur weil die im ganzen deutschsprachigen Raum bekannten Künstler ihre Lörracher Auftritte immer mit lustigen lokalpatriotischen Bonmots würzen, sondern weil sie mit ihren rasiermesserscharfen Analysen der Politik immer genau den Nerv treffen.

Die rasante Fahrt durch das bundespolitische Panoptikum nimmt sofort Fahrt auf, wenn sich die beiden Friedrich Merz, dem politischen „Moorbrand von Meppen“, und seiner Gegenspielerin AKK („Ei-Kei-Kei“) zuwenden. Ein paar eingeblendete Kurzszenen, die die Dämlichkeit des Polit-Sprechs entlarven, und schon ist die Stimmung auf Reiseflughöhe, wo sie für die nächsten fast drei Stunden auch bleiben wird.

Gleich geht es an die schmerzhaften Stellen, etwa wenn der Bundestrainer das Wort Rassismus nicht über die Lippen bringen will und stattdessen immer von dem „Thema“ faselt. Man arbeitet sich zu Seehofer weiter, dem „klassischen Attentäter: männlich, alleinreisend und ohne Perspektive“, im Prestissimo entsteht eine Kurzskizze vom „großkoalitionären Koma“ und dem undankbaren „Urnenpöbel“. Man darf lachen über Ex-Bundespräsident Köhler, den „Kurzparker von Bellevue“ und über den rechtslastigen LKA-Mann, der sich auf der Demo beklagt „Sie haben mich ins Gesicht gefilmt!“.

Natürlich bleibt auch Gaulands „Vogelschiss der Geschichte“ nicht unbeachtet, hier wird Schroeder wirklich böse. Seine Aufzählung der Ermittlungen wegen krimineller Delikte, die zehn Prozent der AfD-Abgeordneten am Hals haben, jagt einem einen Schauer über den Rücken.

Richtig gemein wird es, wenn Staub die Idee mit den designten Kindern fortspinnt, denen man kleine Fingerchen und vielleicht vier Händchen anzüchten kann, damit sie noch besser Teppiche knüpfen können.

Über die Jahre haben beide ihr Profil geschärft

Mit dem Gebet „Data unser, gespeichert werde mein Name…“ öffnet Staub die Bahn für den 20-jährigen Hacker, Schroeder nimmt den Ball auf und überlegt, welche Politiker sich übergangen gefühlt haben, weil sie nicht gehackt wurden.

Diese Übergaben beherrschen die beiden einfach gut, mit den Jahren haben sie ihre Profile geschärft: Staub, der badische Grantel mit zerknautschtem Hemd, Gitarre und einem lyrischen Kern, Schroeder der blitzgescheite Großstadtmensch im perfekt sitzenden eleganten Anzug mit pfeilgeschwinden Gedankenflügen und einer noch schnelleren Zunge.

Schroeder und Staub verteilen Ministerposten in einer grünen Mehrheitsregierung, in der Habeck, der „Coverboy der Landlust“, den Kanzler macht.

Nach der Pause schiebt sich im Dämmerlicht eine mächtige Wampe auf die Bühne. Häuptling Winnetou ist’s, der mit blankem Oberkörper und Adlerfeder seinen roten Brüdern und Schwestern, die am Marterpfahl der Umfrageergebnisse leiden, wieder einmal die Leviten liest. Sie haben falsch getrommelt und falsche Rauchzeichen gegeben.

An Schroeders perfekten Parodien freuen darf sich das Publikum bei der Talkrunde bei „Lanz“ und den „Nachtgesprächen“.

Sie trennen sich also, die beiden Kabarett-Matadoren, die in Lörrach Kultstatus genießen. Jeder macht in Zukunft sein Ding alleine weiter, Schroeder wird im kommenden Januar im Burghof seinen Solo-Rückblick „Schluss jetzt“ halten, ein paar Tage später kommt dann Staub mit seinem „Jahresrockblick“ und einem Rockensemble. Das Publikum saugt nach diesen Ankündigungen die Zugaben auf, in denen das Duo noch einmal seine ganze Kraft entfaltet und Schroeder auf Zuruf seine Parodie-Jukebox anwirft. Sogar Thomas Strobl hat er drauf, obwohl er den noch nie gemacht hat. Und wenn er dann den Staub nachmacht, wird so manchem wehmütig ums Herz.

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