Von Ursula König
Vortrag : Wirtschaftsexperte Oliver Landmann über die EU und die Zukunft Europas
Von Ursula König
Wieviel Gemeinsamkeit verträgt die Europäische Union? Im Rahmen der „denkBar“ organisierte der Initiativkreis Philosophie einen Vortragsabend mit Oliver Landmann. Der Wirtschaftsexperte referierte am Samstag in der Galerie Ars Nova über Konfliktfelder und mögliche Kursänderungen der EU und regte zu einem intensiven Austausch an.
Lörrach. Wie die Zukunft Europas aussehen könne, darüber gäbe es höchst unterschiedliche Vorstellungen, so Landmann. Der Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Freiburg ging zunächst auf die Struktur der Staatengemeinschaft ein, erläuterte zentrale Fragen der Wirtschaft und ging auf die Frage ein, woher die „EU Skepsis“ komme.
Der 70-jährige Friedensprozess in Europa sei mit einem stetigen Prozess der Vertiefung und Erweiterung verbunden. Diese beiden Aspekte stünden in einem Spannungsverhältnis zueinander. Die Erweiterung habe zu einer heterogenen Staatengemeinschaft mit derzeit 48 Ländern geführt.
Auch die Rolle Deutschlands innerhalb der EU war ein Schwerpunkt des Vortrags. Viele Wirtschaftswissenschaftler würden Deutschland die Schuld daran geben, dass die Bewältigung der Wirtschaftskrise nur schleppend voranging. Die Sparsamkeit als wirtschaftliche Tugend würden einem nicht erfolgreichen „deutschen Paradigma“ zugeordnet.
Landmann stützt sich auf eine Kernthese aus dem Buch „Euro – Kampf der Wirtschaftskulturen“. Dort werde unterschieden zwischen einer nordeuropäischen (deutschen) und einer lateineuropäischen Wirtschaftskultur. Letztere ordne Regeln der Politik unter, fordere mehr Flexibilität und finde „Sparwut“ kontraproduktiv.
Der „gordische Knoten“, so erklärte Landmann zum Thema, was innerhalb der EU schiefgelaufen sei, sei das Dreigestirn aus Bankenkrise, Wachstumsschwäche und Staatsschuldenkrise. Europas Pech sei es gewesen, auf „halber Strecke des Integrationsprozesses“ von der schlimmsten Finanzkrise seit 1930 getroffen zu werden.
Und welche Zukunftsvisionen stellt Landmann in Aussicht? Mit Prognosen ist der „Analytiker“, wie er sich beschreibt, vorsichtig. Er sieht eine Chance der Annäherung in der künftigen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich und diese umso mehr, je größer der Problemdruck werde: „Ein großes Geben und Nehmen wird stattfinden.“
Als weiteren Weg sieht er das Vorantreiben der institutionellen Integration innerhalb der Staatengemeinschaft. Denn auch der „Migrationsdruck“ werde durch das wirtschaftliche Gefälle zunehmen. Auf der einen Seite also das Wappnen für große Probleme, die zukünftig von außen kommen, auf der anderen Seite die „Welt der Freiheiten“ ins Bewusstsein rufen, welche dieser Zusammenschluss erst ermöglicht – dies seien wesentliche zukünftige Aspekte.