Lörrach Harte Gangart irritiert

Guido Neidinger
In der Lörracher Fußgängerzone gilt seit Montag Maskenpflicht - rund um die Uhr. Foto: Kristoff Meller

Kommentar zur Maskenpflicht in der Lörracher Fußgängerzone.

Lörrach - Die Zahl der Corona-Infektionen nimmt zu. Die Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems mit vielen Schwerkranken und Toten droht. Um „Unheil“ zu verhüten, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel es sorgenvoll formulierte, sind verschärfte Maßnahmen sinnvoll. Die große Mehrheit der Bürger trägt diese weiterhin klaglos mit. Allerdings muss jede Maßnahme gut überlegt, verhältnismäßig und für die Bürger nachvollziehbar sein. Ist das nicht der Fall, bröckelt die Zustimmung sehr schnell. Und ohne die Akzeptanz der großen Mehrheit der Bevölkerung nutzen Verordnungen wenig.

Das gilt auch für die jüngst verhängte Maskenpflicht in Fußgängerbereichen. Seit diese am Montag in Kraft getreten ist, sorgt sie für Verwirrung und Unmut bis hin zu Verärgerung. Und das längst nicht nur bei Corona-Leugnern und Masken-Verweigerern.

Warum? Weil diese Maßnahme in der neuesten Landesverordnung zumindest schwammig formuliert ist und Interpretationsspielraum lässt. Wörtlich heißt es dazu auf der offiziellen Homepage des Landes Baden-Württemberg: „Die Maskenpflicht gilt nun in ganz Baden-Württemberg in den dem Fußgängerverkehr gewidmeten Bereichen wie Fußgängerzonen und Marktplätzen, wo der Abstand von 1,5 Metern nicht sicher eingehalten werden kann.“ Bedeutet das nun, dass der mündige Bürger entscheiden darf, ob er den Mindestabstand einhalten kann oder nicht?

Es macht schließlich keinen Sinn, frühmorgens oder spätabends in einer fast menschenleeren Fußgängerzone zwingend mit Maske herumzulaufen.

Doch! Sagt Oberbürgermeister Jörg Lutz und verordnet eine generelle Maskenpflicht in der gesamten Fußgängerzone rund um die Uhr, selbst nachts. Andere Kommunen im Land sehen das für Randzeiten indes weniger starr. Sinnvoller, nachvollziehbarer und akzeptabler wäre die Beschränkung der Maskenpflicht auf die Geschäftszeiten, wenn viele Menschen sich gleichzeitig in der Innenstadt aufhalten.

Ganz verständlich ist die kompromisslose Anordnung des Stadtoberhaupts auch vor einem anderen Hintergrund nicht. Mitte Juni, als die Grenze zur Schweiz nach dem Lockdown wieder geöffnet wurde, plädierte der Lörracher Oberbürgermeister noch für eine liberale Haltung. Angesichts der damals geringen Infektionszahlen forderte er schriftlich vom Wirtschaftsministerium, auf Masken in Geschäften zu verzichten – zur Stärkung des Einzelhandels. Lutz verwies damals auf die Schweizer Kunden, die in ihrem Land keine Masken in Läden tragen mussten. Wenn Lutz jetzt für eine überaus harte Gangart bei der Maskenpflicht in der Fußgängerzone eintritt, dann tut das dem Einzelhandel auch diesmal sicher nicht gut.

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