Lörrach Hebel aus neuer Perspektive

Die Oberbadische
Hebelbund-Präsident Volker Habermaier (links) und Prof. Dr. Alexander Honold bei der Eröffnung der neuen Reihe „Literarische Begegnungen“ im Dreiländermuseum. Foto: Walter Bronner Foto: Die Oberbadische

Alexanders Honold zu Gast beim Hebelbund

Lörrach (bn). Einen erkenntnisreichen Auftakt erfuhr die neue Reihe der „Literarischen Begegnungen“ des Hebelbunds am Sonntag im Dreiländermuseum. Konnte doch Präsident Volker Habermaier mit Alexander Honold – Ordinarius für Neuere Deutsche Literatur an der Basler Universität – einen ausgewiesenen Hebelkenner vorstellen. Dessen Thema, „der fremde Blick, das trügerische Wort und der vertraute Sinn im Schaffen Hebels“ schilderte ebenso fesselnd wie aufschlussreich, wie es dem seinerzeitigen Kalender-Autor und -herausgeber des „Rheinländischen Hausfreunds“ geradezu genial gelang, den Alltagsverstand seiner Leser anzuzapfen und im Rückgriff auf das Vertraute dessen Augenmerk auf das Fremde zu richten, ihn in eine andere Welt zu entführen und ihm dadurch neue Erkenntnisse und persönliche Einsichten zu vermitteln.

Etwa in den 1803 erschienenen „Memorabilien des Orients“, die bei den kirchlichen Würdenträgern erhebliche negative Reaktionen auslösten. Zumal Hebel den Propheten Mohammed als milden, menschenfreundlichen Glaubensverkünder charakterisierte. Die Anfeindungen seiner Kritiker veranlassten Hebel schließlich zur abrupten Aufgabe seiner Kalendertätigkeit.

Honold definierte in seinen facettenreichen Ausführungen Hebels schriftstellerisches Wirken in der unruhig bewegten napoleonischen Ära und der restaurativen Zeit danach unter anderem als „Kartographie sprachtektonischer Verwerfungen“, die besonders in süddeutschen Landen ihre Wirkung entfalteten. Vor allem aber bewertete er die Kalendergeschichten als eine Art volkstümliche „Schule der Gerechtigkeit“, die abseits eines festgeschriebenen juristischen Kodex‘ eine „Selbsterziehung zu gerechtem Handeln“ zu bewirken vermochten. Beispielhaft verdeutlichte der Referent dies an den Geschichten „Der kluge Richter“ und „Der kluge Sultan“, deren von Herzenswärme, Witz und Schlagfertigkeit geleitetes Verhalten den Klageführenden und Bittstellern gegenüber auch diesen auf eine „höhere Warte der Einsicht“ führte.

Nicht zuletzt konnte Honold auch mit Verweisen auf Walter Benjamin, Bertold Brecht und den „amerikanischen Hebel“ Marc Twain nebst einer Betrachtung zu Hebels Rechts- und Gerechtigkeitsverständnis im Sinne König Salomos und dessen „Schwertprobe“-Urteil sein Thema verdeutlichen.

Und was es mit dem „trügerischen Wort“ auf sich hat, machte er zum Vergnügen seines Auditoriums an jenen Geschichten dingfest, deren Protagonisten voll in die sprachlichen Verständnisfallen tappten, wie der Schulze von Brassenheim, dessen mangelhaftes Französisch ihn in perfide Kalamitäten brachte, oder der Handwerksbursche in „Kannitverstan“ , der durch etliche Missverständnisse zu tieferen Einsichten gelangt sowie die zwei Wachposten zu beiden Seiten des Rheins, deren einer das Schimpfwort „Filou“ mit der freundlichen Zeitauskunft „halber vieri“ quittiert.

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