Seine Kulturschocks im Kindesalter könnten Bücher füllen, etwa als er entdeckt, dass Klassenkamerad Florian ein eigenes Zimmer hat, wo die Eltern anklopfen müssen. Den anderen Kindern lesen die Eltern abends Geschichten vor: „Bei uns lesen die Kinder den Eltern Briefe vor“, stellt er fest und lässt die Sache mit den Stromrechnungen folgen, die sich in einer Ecke des Wohnzimmers stapeln. Irgendwie ist man dann über den Tag der offenen Tür in der Moschee beim Imam, der nur noch Jacken mit Knöpfen trägt, weil sein Bart sich ständig im Reißverschluss verklemmt: Tut weh und sieht scheiße aus.
Lachtränen fließen auch, als sich Abdelkarim an seine Erlebnisse beim St. Martinsumzug erinnert. „Hey Bruder, kommst du Laterne?“ Vorne läuft die Lehrerin mit den drei deutschen Kindern, dahinter „22 Türken und ich“. Und das Sammeln von Süßigkeiten mit den drei Kumpels hat auch nicht so recht geklappt: Für jeden eine Mandarine, nachdem man sich eine Stunde lang an allen möglichen Haustüren die „Seele aus dem Leib gesungen“ hat. Es geht weiter mit Taxifahrern, Türstehern („wir kommen eh nicht rein“), Modeshops mit der „One-Size-Lüge“ und einer zu kleinen Mütze, die auf seinem Schädel aussieht wie eine Kippa. Das macht die Nazis ratlos. Wurstwecken mampfende Wikinger morgens um sieben in der U-Bahn, Wohlstandsbürger, die im Asia-Palast zu stopfenden, keuchenden und schlingenden Kanaken werden, die Erkenntnis, dass Kapern und Meerrettich keine Tiere sind, genauso wenig wie Schattenmorellen, ein köstliches Vexierspiel der Bilder und Worte mit jeder Menge Hintertürchen und verblüffenden Verbindungslinien.
Merkel lässt in der Raute Männer verschwinden, Martin Schulz kam daher wie ein „Obama auf 400-Euro-Basis“: Der Blick des „Staatsfreundes Nr. 1“ auf die Politikerriege ist erfrischend klar und frech. Man möchte immer weiter zuhören.