Lörrach Hillborgs fantastisch sphärische Musik

Willi Vogl
Das Sinfonieorchester Basel bezaubert.                                      Foto: Willi Vogl

Von Willi Vogl

Lörrach. Das Sinfonieorchester Basel gastierte unter der Leitung von Aziz Shokhakimov, dem jungen Chefdirigenten der Straßburger Philharmoniker mit Werken von Anders Hillborg, Joaquin Rodrigo und Claude Debussy im Burghof. Solist war der Gitarrist und Direktor der Musik-Akademie Basel, Stephan Schmidt.

Als „Drei symphonische Skizzen für Orchester“ bezeichnete Debussy lapidar sein Werk „La Mer“. Im Vergleich zu aktuell komponierter Orchestermusik, die für sich ebenfalls in Anspruch nimmt, sphärische Klanglichkeit zu erzeugen, ist Debussys Musik (noch) stark vom Figürlichen geprägt. Anregungen aus der Natur und in Satztiteln gegossene Poesie wie „Mittag auf dem Meer“, „Spiel der Wellen“ und „Dialog zwischen Wind und Meer“ finden ihre tonmalerische Umsetzung in farbigen Harfen-Arpeggien, im Auf- und Abschwellen von Streichertremoli oder der Loslösung von den bis zu Debussys Zeit üblichen Kadenzformeln.

Das Sinfonieorchester Basel zelebrierte dieses singuläre Werk der Musikgeschichte mit lustvoller Intensität und gleichwohl technischer Akkuratesse. Dabei entstanden fesselnde Kontraste etwa zwischen fein ziselierten Soli der Holzbläser und wuchtigen Blechbläserakkorden.

Mit Joaquin Rodrigos „Concierto de Aranjuez“ brachte der Gitarrist Stephan Schmidt spanisches Flair in den Burghof. Das weltberühmte folkloregetränkte Werk des erblindeten Rodrigo ist ein Standardwerk der Gitarrenliteratur. Stephan Schmidt stellte sich den vielfältigen Herausforderungen darin mit Bravour und differenziertem Gespür für die Charaktere zwischen markanten Akkordschlägen und behände sprechender Motivik. Es erklangen vertraute Ausdrucksmomente in exzellenter Präsentation. So konnte man den stolzen Streicherklängen im Allegro con spirito, einem verträumten Englischhorn-Solo im Adagio oder den überzeugenden Korrespondenzen zwischen Solist und Orchester in der packenden Motorik des Allegro gentile lauschen.

Textliche Informationen zum Werk und dem Komponisten stellen eine legitime Hörhilfe dar. Bisweilen ist es jedoch besonders spannend, wenn man Musik ohne außermusikalische Wegweiser, fokussiert auf das klangliche Produkt wahrnimmt. Dies war den Zuhörern im Burghof beschert, da kein Programmheft hergestellt werden konnte.

Das erste Konzertstück begann mit einem fundamentgebenden Basston. Darüber blendeten sich obertonartig von der Glasharmonika inspirierte Schwebeklänge ein und aus, die zunehmend langsam pulsierend an Intensität zunahmen und durch motivische Einsprengsel belebt wurden. Eine in den Violoncelli auftauchende Melodie erwies sich als vertrauenserweckende Anleihe Dur-Moll-tonaler Musik. Es folgt die Destruktion einer weiteren Melodie im Toy Piano durch metallische Schlaginstrumente. Gelegentlich drängten sich aggressive Artikulationen, wie etwa aufs Griffbrett geschlagene Saiten oder wild aufgefächerte Expressivität in den tiefen Streichern in den Vordergrund. Den klanglichen Rahmen bilden jedoch immer wieder stehende Cluster in den hohen Streichern, hinter denen die inzwischen flirrende Figürlichkeit der Holzbläser durchschimmert. Schließlich endet das Werk mit einem reinen Hymnus, von dem man an dieser Stelle vermuten kann, dass er in seinen vielfältig gebrochenen Gestalten partikulär und geheimnisvoll bereits während des gesamten Werkes gegenwärtig war.

Die delikat ausbalancierte Interpretation des Sinfonieorchesters Basel ermöglichte dem Publikum ein plastisches Musikerlebnis von Hillborgs fantastisch sphärischer Musik. Der Dirigent Aziz Shokhakimov sorgte mit präziser Zeichengebung und allzeit hellwacher Konzentration für atemberaubende Klangmomente der Extraklasse.

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