Lörrach Anwohner kritisieren Situation vor Dialysepraxis

Kristoff Meller

Anwohner kritisieren Parkverstöße vor Dialysepraxis in der nördlichen Basler Straße und Verhalten der Fahrer.

Lörrach - Die Dialyse reinigt das Blut in einer mehrstündigen Behandlung bei chronischem Nierenversagen. Doch was Patienten das Überleben sichert, sorgt in der nördlichen Basler Straße seit langem für Unmut bei den Anwohnern. Grund sind indes nicht die Patienten der Dialysepraxis sondern das Verhalten der Fahrer der Taxi- und Transportunternehmen.

Zwei Krankenwagen und zwei Taxis parken auf der rechten Seite, zwei Transporter und ein Taxi auf der linken Seite direkt vor den Schaufenstern eines Reisebüros und eines Brautmodengeschäfts. In der Mitte zwängt sich der Linienbus durch. Fotos solcher Situationen vor ihrer Haustüre hat die Familie Troendle schon viele archiviert. Ihr gehören mehrere Häuser in der nördlichen Basler Straße, die seit dem Gemeinderatsbeschluss im November 2019 in einer Fußgängerzone liegen.

Doch zu Stoßzeiten herrscht hier reger Verkehr. Der Grund: die Dialysepraxis im Adlergässchen mit Zugang von der Basler Straße. Dort erfolgen pro Woche hunderte An- und Abfahrten von Patienten durch Krankentransport- und Taxiunternehmen.

Die Anwohner
„Für die Stadt ist das Thema offenbar erledigt. Außer einem Schreiben an die Taxiunternehmen möchte man nichts unternehmen. Hin und wieder mal ein Knöllchen, das wird der Situation nicht gerecht“, beklagt Hanspeter Troendle. „Zahlreiche Beschwerde- und Bittschreiben“ habe er und seine Familie in der Vergangenheit an die Verwaltungsspitze geschickt, zuletzt seien diese höchstens noch von der Stellvertretenden Fachbereichsleiterin beantwortet worden, „allerdings ohne durchschlagende Ergebnisse“, so Troendle. „Wir fühlen uns als nervende Dauernörgler, weil die Stadt die begründeten Hilfeschreie der Anwohner einfach ignoriert“, beklagt Troendle.

Die Belästigungen treten an sechs Tagen die Woche auf, bereits ab 6 Uhr in der Früh, wenn die ersten Patienten gebracht werden. „Erst kürzlich wurde ich um 6.04 Uhr durch lautes Rufen und Türenknallen aus dem Schlaf gerissen“, berichtet Troendle.

Er möchte „die Dialyse auf keinen Fall schlecht machen“, es gehe ihm um das Verhalten der Fahrer: „Sie stehen oft in Gruppen ohne Maske in der Passage vor dem Haus und rauchen.“ Dabei ist nur Be- und Entladen erlaubt, kein Parken.Auf ihr Verhalten angesprochen, seien zwar manche Fahrer einsichtig, andere haben ihn und andere Anwohner auch schon übel beleidigt oder sogar Gewalt angedroht.

Die Stadtverwaltung
Überrascht von den aktuellen Beschwerden zeigt sich der zuständige Fachbereichsleiter Klaus Dullisch: „Ich bin davon ausgegangen, dass sich die Situation deutlich beruhigt hat, da ich in jüngster Zeit keine Beschwerden bekommen habe.“ Die Stadt sei in Kontakt mit der Praxis und habe diese schon mehrfach gebeten, alle Taxi- und Transport-Unternehmen anzuschreiben, um sie auf die Regeln hinzuweisen. „Die Fahrer dürfen den Patienten maximal beim Aussteigen helfen und müssen danach wegfahren“, betont Dullisch. In der Vergangenheit habe es immer wieder „Schwerpunktkontrollen“ gegeben. Sollte sich die Situation verschlimmert haben, werde erneut verstärkt kontrolliert und nochmal ein Gespräch mit der Praxis geführt.

Dullisch vermutet, dass sich das beklagte Verhalten der Fahrer auch durch den Shutdown eingeschlichen habe. Schließlich seien die Geschäfte geschlossen und es gebe deutlich weniger Publikumsverkehr.

Gleichwohl sei es „kein einfaches Thema“. Auch die neuen Poller für die erweiterte Fußgängerzone, die laut Dullisch im März oder April montiert werden, dürften wenig ändern. Denn alle Taxi- und Transportunternehmen erhalten weiter einen Zugang, da sie die meist körperlich eingeschränkten Patienten bis vor die Tür fahren müssen.

Die Dialysepraxis
„Die Situation ist eigentlich eine Katastrophe“, sagt Karl-Georg Fischer. Er leitet gemeinsam mit Holger Endreß die Gemeinschaftspraxis. Dem Arzt ist es wichtig, zu betonen: „Wir verstehen die Anwohner und bitten um Verständnis für unsere Patienten, die nach der Behandlung sehr geschwächt sind.“ Gleichwohl zeigte er sich entsetzt über die Schilderungen bezüglich des Verhaltens der Fahrer – insbesondere, was die Corona-Verordnung betrifft.

Die Transportunternehmen werden laut Fischer regelmäßig auf das Parkverbot und das Vermeiden von Lärm und Schmutz hingewiesen. „Wir haben in vielen Schulungsrunden versucht, es den Fahrern klar zu machen.“ Indes gebe es nicht nur eine hohe Fluktuation bei den Fahrern, sondern auch einige, „die es einfach nicht verstehen wollen“, beklagt Fischer.

Seit 25 Jahren ist die Praxis am Standort. Anfangs war sie nicht voll ausgelastet, nun platzt sie laut Fischer „aus allen Nähten“, und das Gebäude erfüllt nur noch bedingt die Anforderungen. „Wir haben 30 Plätze, die wir bis auf sonntags immer doppelt belegen. Das bedeutet 360 An- und 360 Abfahrten pro Woche, plus die Krankenwagen.“ So kämen geschätzt zwischen 400 und 500 Fahrten zusammen. Durch die Pandemie hat sie sich sogar noch erhöht: Sammeltransporte mit mehreren Patienten sind laut Fischer aktuell nicht möglich.

Gleichzeitig kritisiert der Arzt die Planung der Kommune: Sie habe mit der Umgestaltung der Basler Straße zwei Behindertenparkplätze vor der Stadtbibliothek in Fahrradstellplätze umgewandelt, die zuvor von Patienten genutzt wurden. Vor der Praxis existieren nur zwei offizielle Plätze für die Transporter, im Vorfeld der Baumaßnahme habe die Stadt zusätzliche Stellplätze in der Kirchstraße in Aussicht gestellt, diese seien aber nicht angelegt worden. „So wird eine Mangelsituation geschaffen“, beklagt Fischer.

Doch es gibt Licht am Ende des Parkproblemtunnels: „Auch wenn es nur ein schwacher Trost für die Anwohner ist – in vier Jahren sind wir weg“, sagt Fischer. Denn nach mehreren von der Stadt abgelehnten Bauvoranfragen für verschiedene Standorte werde die Dialysepraxis im geplanten Fachärztezentrum beim Zentralklinikum unterkommen. Dort sei die Zufahrt zum Klinikum und dem Fachärztezentrum mit der Anfahrt über einen Kreisverkehr und begrenzten Stellplätzen zwar auch nicht optimal, so Fischer, aber immerhin gebe es keine Geschäfte und Anwohner.

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