Lörrach Humorgrenzen austesten

Anja Bertsch
Till Reiners im Burghof Foto: Foto: Anja Bertsch

Burghof: Kabarettist Till Reiners mit intelligenter Comedy.

Lörrach - Anspruchsvoll-intelligente Comedy – tränenlachend lustig, und die ernsthafte Gesellschaftskritik ganz nebenbei mit bei: Mit einem bissigen Zweistunden-Programm begeisterte der Berliner Kabarettist Till Reiners am Samstag sein Publikum im Burghof. Unter dem Titel „Auktion Mensch“ machte Reiners sich und seinen begeisterten Zuschauern einen Reim drauf, wie Kapitalismus, Konsum oder Klischees funktionieren: Oft einfach, weil’s einfach ist und bequem, und weil das menschliche Gehirn allem Intelligenzpotenzial zum Trotz meist eben im Lust- und Laune-Modus läuft: „Ein Problem? Könnt’ ich jetzt mal lösen. Oder ich kauf ein“. Reiners selbst wird in dieser Logik zur „Marke, die sich ihre Nachfrage erst mal noch schaffen muss“.

In Lörrach gelingt das bestens. Schnell sind die Humorgrenzen des Publikums ausgetestet: Schweizer („Kommen, um für lächerlich wenig Geld Deutsche zu gucken“) und die perfide Konstellation „Kinder – Fenster – Stoßlüften“ funktionieren noch; Prominente („Die Zeit seit Michael Schumacher im Koma liegt, ist klimatechnisch seine beste“) dann eher nicht mehr. Oder doch?

Umwerfend lustige Wirkung

Ausgewaschene Jeans, treuherziger Blick, sympathisches Grinsen und lockerer Plauderton: Es ist der Kontrast aus harmlos-bubenhafter Erscheinung und bissigen-zynischer Welt- und vor allem Alltagsbetrachtung, die in Reiners Performance umwerfend lustige Wirkung entfaltet und zugleich klare Haltung vermittelt. Der Kabarettist bringt seine Zuschauer mit selbironischen, pointiert witzigen Schilderungen von Alltagsszenen zum Lachen – live vom Bahnsteig, aus dem Studentenleben oder aus seiner gemobbten Kindheit („Alle fanden mich fett und hässlich. Ich mich auch.“) Um dann im Nachschlag den Treffer zu landen: „Kinder grenzen andere wegen ihres Aussehens aus. Kämen Erwachsene zum Glück nie drauf. Schön, dass sich das auswächst....“

Das Politische im Privaten also, und die perfide kapitalistische Leistungslogik noch im nett-klingenden Sinnspruch: „Jeder Mensch ist wertvoll, weil jeder Mensch etwas gut kann.“ Ein“ echter Arschlochsatz“, findet Reiners und schält dessen Quintessenz heraus: „Du musst etwas können, um etwas wert zu sein.“

Zum Ende hin entwirft Reiners mit ordentlich Hang zum Zynismus eine versöhnliche Weltordnung, die den offenbar urmenschlichen Hang zu Intoleranz und Ausgrenzung (denn: „Wenn dein Leben richtig ist – dann ist meins ja falsch?!“) kanalisieren könnte: „Gemeinsam gegen Tiere aufstehen.“

Das Lörracher Publikum, so viel wird im begeisterten Applaus klar, wäre bei dieser selbstlose Weltrettung auf jeden Fall dabei.

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