Der Thesenanschlag Martin Luthers im Jahr 1517 war der Auftakt zur Reformation, ein Ereignis von weltgeschichtlicher Bedeutung. 500 Jahre später wird in ganz Deutschland das Jubiläum gefeiert. Im Rahmen einer Serie blicken wir auf die Reformation im Dreiländereck und ihre Auswirkungen. Die Serie wandert bis Ende November durch den gesamten Lokal- und Regionalteil unserer Zeitung. Die zehnte Folge porträtiert die Lörracher Pfarrerin Gudrun Mauvais.

Von Beatrice Ehrlich

Lörrach. In der evangelischen Kirche in Deutschland sind Frauen den Männern gleichgestellt. Als Pfarrerin steht Gudrun Mauvais seit knapp vier Jahren an der Spitze der Matthäusgemeinde. Außerdem ist sie Mitorganisatorin des Europäische Taizé-Jugendtreffens in Basel und Region.

Der Beruf ist Berufung, ganz klar: Ursprünglich wollte die gebürtige Zürcherin, die an der deutsch-schweizerischen Grenze aufgewachsen ist, Religionslehrerin werden. Sie begann nach dem Abitur in Singen ein Studium der Theologie und Romanistik in Aachen. Doch dabei blieb es nicht. Schnell sei ihr klar geworden, dass sie mit ihrer Botschaft mehr Menschen erreichen wollte, als dies im Schuldienst möglich ist.

Begegnung und der Austausch mit anderen ist ihr sehr wichtig

Zwei Pfarrerinnen, die sie während des Studiums in der evangelischen Studentengemeinde kennenlernte, hätten ihr die Möglichkeit des Pfarrberufs aufgezeigt, für sie eine völlig neue Perspektive. Nach einem Auslandsjahr in Montpellier (Frankreich) traf sie eine wichtige Entscheidung: an der größten evangelischen Fakultät in Heidelberg bereitete sie sich von nun an darauf vor, Pfarrerin zu werden.

 Nach dem Probedienst war es ihr Wunsch, nahe der deutsch-schweizerischen Grenze eine Pfarrstelle zu finden. Die Nähe zu Frankreich kommt als Pluspunkt hinzu – ihr Mann ist Franzose. So war es für sie ein großes Glück, als Pfarrerin der Matthäusgemeinde gewählt zu werden.

Gudrun Mauvais ist die Begegnung und der Austausch mit anderen wichtig. Nicht nur im Gottesdienst, bei Taufen oder Beerdigungen, sondern im Alltag, wenn sie ihre beiden Töchter mit dem Fahrrad vom Kindergarten abholt oder auf dem Markt einkauft, fühlt sie sich den Menschen nah.

Den Blick auf den Einzelnen zu richten

Diese Begegnungen passen auch zu ihrem Bild von Kirche heute: „Es reicht nicht mehr aus, zu sagen, die Leute sollen zu uns kommen“, stellt sie fest. Stattdessen gelte es, gerade heute den Blick auf den Einzelnen zu richten: Wie können wir die Menschen in ihren Sehnsüchten wahrnehmen, wie zu Gott hinführen? Das seien die Fragen, die in ihrer Arbeit im Mittelpunkt stehen.

Eine Pfarrerin auf Empfang: Wer mit Gudrun Mauvais sprechen möchte, schreibt eine E-Mail oder klopft an die Türe am Haus der Kirche – und bekommt sofort eine Antwort. Das Notebook spielt eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, Arbeit von zu Hause aus zu erledigen. Wenn sie abends „Termine“ hat, übernimmt ihr Mann, manchmal auch eine Babysitterin.

Gern wird die besondere Rolle von Frauen in der evangelischen Kirche mit der Reformation begründet. Als Ehefrauen spielten sie im evangelischen Pfarrhaus seit Luthers Zeiten eine herausgehobene Rolle im Gemeindeleben.

Erst 1971 wurde in Baden die erste Frau in ein Gemeindepfarramt eingeführt

Dass Frauen den Männern gleichgestellt sind, ist allerdings noch gar nicht so lange her: 1971 wurde in Baden auf Beschluss der Landessynode die erste Frau in ein Gemeindepfarramt eingeführt, Hilde Bitz. Davor gab es zwar schon Pfarrerinnen, deren Aufgaben waren aber auf den Religionsunterricht, Jugendarbeit und Sonderstellen beschränkt.

1991 folgte als letzte Gliedkirche der EKD die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Schaumburg-Lippe. Heute wird etwa ein Drittel aller Gemeindepfarrstellen von Pfarrerinnen eingenommen, mit steigender Tendenz: über die Hälfte der Theologiestudierenden sind mittlerweile Frauen.

Eine Herzensangelegenheit ist die Herausforderung, die sie vor kurzem angenommen hat. Als Vertreterin der deutschen Seite kümmert sie sich um den reibungslosen Ablauf des trinationalen Europäischen Taizé-Jugendtreffens in Basel zum Jahreswechsel 2017/18. Die Anfrage kam, weil sie bereits des letzte Taizé-Jugendtreffen in Straßburg und der Ortenau mitorganisiert hat, damals als Pfarrerin im Probedienst – „Alles, was mit Singen zu tun hat, ist für mich Ausdruck des Glaubens und der Verkündigung“.


Im Rahmen unserer Serie „500 Jahre Reformation“ sind bisher erschienen:

- Vor 500 Jahren hat Martin Luther die Reformation angestoßen. Das Dreiländermuseum widmet sich in einer Ausstellung dem Geschehen im Dreiländereck (Seite Regio, 21. Oktober)

- Lesestoff für Lutherfans – Neuerscheinungen im Buchhandel zum Reformationsjubiläum (Seite Lörrach, 24. Oktober)

- Martin trifft Martin – Martin Jösel beschäftigt sich mit Martin Luther und formuliert eigene Thesen als Gedankenanstoß (Seite Weil, 26. Oktober)


- Im Glauben vereint in die neue Heimat. Evangelisch- lutherische Flüchtlinge finden in Steinen ein neues Zuhause (Seite Steinen, 28. Oktober)

- Die Protestanten wandern zu – Rheinfeldens Christuskirche ist der älteste evangelische Neubau Badens (Seite Rheinfelden, 30. Oktober)

- So alt wie die Reformation. Der vor 500 Jahre gebaute Turm der Stadtkirche und das Reformationsjahr in Lörrach (Seite Lörrach, 2. November)

- Nicht jeder Pfarrer kam gut weg. Mit regelmäßigen Visitationen wurde die Glaubenstreue untersucht (Seite Regio, 4. November)

- Die Gemüter gespaltet. Hinter der Lutherkirche in Efringen-Kirchen steht eine mehr als 1000 Jahre alte Geschichte (Seite Rebland, 7. November)

- Kirchenmusiker Christoph Bogon spricht im Interview über Musik im Namen Luthers (Seite Schopfheim, 9. November)