Die Carte blanche 2019 (7. Februar) der Wintergäste geht an den jungen Dramaturgen Yannick Zürcher, der sich mit Texten des Surrealisten Daniil Charms unter dem Titel „Jelisaweta. Bam. Dialogisches. Fetzen“ mit drei Sprecher auseinandersetzen wird.
Christa Wolfs „Medea. Stimmen“ zum Auftakt liest sich wie ein spannender Politthriller. Sechs Stimmen erzählen aus sechs verschiedenen Perspektiven. Wenn der Medea-Mythos heute aktuell scheint, dann im Licht der Wolf’schen Neudeutung. Sie unternimmt eine radikale Korrektur des gängigen Medea-Bildes. Erst seit Euripides, vorher nicht, ist Medea die blutrünstige Furie, die ihre Kinder mordet.
Wolf fragt nach der Deutungshoheit über Geschichte – und danach, wessen Interesse es ist, die „wilde Frau“ als Mörderin hinzustellen: „Mein Schreibmotiv für Medea war, die Frage nach den selbstzerstörerischen Tendenzen unserer abendländischen Zivilisation, die umso verhängnisvoller werden, je mehr wir unsere Vernichtungswaffen vervollkommnen. Wenn unsere Kultur in Krisen gerät, fällt sie immer wieder auf das gleiche Verhalten zurück: die Schuld bei Außenseitern suchen, diese ausgrenzen, sie zu Sündenböcken stempeln.“