Lörrach In der wilden Zappa-Welt

Dorothee Philipp

Burghof-Eigenproduktion: Drei Abende zu Ehren des großen Musikers

Lörrach - War Frank Zappa mit seiner Musik seiner Zeit voraus? Am dritten Abend der „Features about Frank Zappa“ im Lörracher Burghof gingen die Band „The Grandsheiks“, der Schauspieler Christian Heller, Burghof-Intendant Markus Muffler und Special Guest Dweezil Zappa dieser Frage nach. (Lesen Sie hier unseren Beitrag zum Auftaktabend.)

Nach fast vier Stunden grandioser Musik, satirischer Komik und tiefsinniger Gespräche auf dem aus den 1970er Jahren importierten „Roten Sofa“ konnte man die Titelfrage in eine Feststellung ummünzen. Aber es wurde auch deutlich: Unsere Zeit ist dabei, geistig in die vermuffte Ära der Prüderie, der Konsumgläubigkeit und der gnadenlosen Diktatur einer zweifelhaften „political correctness“ zurückzufallen, in der Neudenker und kreative Genies keinen Platz haben.

Geniale Einfälle und Gestaltungskraft

Es geht los mit irre guter Musik, die sich nicht nur aus genialen Einfällen, sondern auch aus einem gerüttelten Maß an Gestaltungskraft und Beherrschung der instrumentalen Mittel speist. Die „Scheichs“ mit ihrem pantomimisch und stimmlich mitreißend agierenden Frontmann Maximilian Hilbrand entfesseln die ganze Wildheit der Zappa-Welt mit ihren verrückten Ideen, in der Gesellschaftskritik, Experimentierlust und ätzende Satire in comicbunte musikalische Kokons eingesponnen werden.

Erst auf den zweiten, analytischen Blick erkennt man dabei, welche Kunstfertigkeit und Souveränität im Umgang mit den stilistischen Mitteln da ebenfalls mitwirken. „The Grandsheiks“ haben es raus, wie man Zappa authentisch spielt, ohne ihn zu kopieren. Im nicht ganz blutjungen Publikum pendeln Köpfe, zucken Arme, wippen Beine – da ist er, der Zappa-Virus, der eine ganze Generation infiziert hat.

Jedes Werk ist ein Kosmos für sich

Markus Muffler hat für seine Talkrunden mit Dweezil Zappa vier Alben ausgesucht. Joe’s Garage, Roxy & Elsewhere, Sheik Yerbouti und One Size Fits All – jedes Werk ein Kosmos für sich und unverwechselbar, wie Dweezil Zappa betont. Damit die Botschaft auch im Detail ankommt, hat Muffler die professionelle Freiburger Dolmetscherin Anja Peschel engagiert, die die einzelnen Abschnitte des Talks ins Deutsche überträgt.

Für Dweezil ist „One Size Fits All“ mit den beiden „Sofa“-Songs eines der besten, die sein Dad gemacht hat, auch wegen der virtuosen Gitarrenpassagen. Die vier Talkrunden zeigen Dweezil Zappa als Sohn eines berühmten Vaters, aber nicht als Epigonen, sondern als eigenständigen Künstler.

Bescheiden im Auftreten, glasklar im künstlerischen Urteil und mit unaufgeregter Souveränität, antwortet er auf Mufflers Fragen, lässt sich hin und wieder fortreißen von den Erinnerungen; etwa als er Zeuge der „Toilettenexplosion“ wurde: Ein Spielzeug war ins Klo gefallen, dieses lief über, wobei in der ekligen Überschwemmung zahlreiche Mastertapes unwiderbringlich zerstört wurden, eine Episode, die Zappa in „Flakes“ im Album „Sheik Yerbouti“ zusammen mit einer galligen Abrechnung mit schlafmützigen Handwerkern verarbeitet hat.

Zappa-Geschichten, komisch, skurril, mit hohem Unterhaltungswert für Voyeure hat Robert Brown, Lehrkraft an der Ludwig-van-Beethoven-Gesamtschule ausgegraben und teilt sie in professoralem Ton dem gierig lauschenden Publikum mit. Eine tolle Performance von Christian Heller, der mit Zerstreuter-Professor-Mähne und akademischer Akribie belegt, dass Zappa ein ganz normaler Mensch war, weil das, was er tat und sagte, normal war.

Er erzählt Episoden aus dem Leben Zappas im Stil des Klatschkolumnisten, nimmt das Publikum mit zur eiligen Trauzeremonie mit Gail, bei der ein Kugelschreiber die vergessenen Trauringe ersetzt; oder in die Gerichtsverhandlung in „modriger Atmosphäre“, bei der der Richter wissen will, was Zappa mit dem Mädchen meint, das auf seinem Gesicht sitzen kann. Der Dialog hat Loriot-Qualitäten!

Am Ende von Professor Brauns Vortrag hat man einen breiten, bunten, scheinbar zufällig zusammengewürfelten Querschnitt an Episoden, die das Profil des Künstlers Frank Zappa schärfen und vertiefen. „Jetzt weht er wieder, der neue Wind der Political Correctness“, stellt er mit missionarischer Emphase fest. Und als Christian Heller formuliert er seinen persönlichen Traum von Bobbie Brown: „I try not to be correct“.

Höhepunkt: Gig mit Dweezil Zappa

Der Höhepunkt des Abends kommt dann kurz vor Mitternacht, als die Grandsheiks schon mit den Zugaben durch sind. Dweezil Zappa lässt sich zu einem gemeinsamen Gig überreden. Er streift sich die Gitarre von Thomas Schmittinger über und beginnt zu „I’m the slime“ abzuheben. Ein neuer, genialer Gitarrist namens Zappa, seinem Vater ebenbürtig, hat die Bühne betreten. Fünf wunderbare Minuten!

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