Lörrach Jeder  Flüchtling hat seine Geschichte

Die Oberbadische
Asyl-Expertin Susanne Knickmeier von Amnesty International berichtete am Freitag über verschiedene Schicksale von Bootsflüchtlinge im Mittelmeer. Foto: Wassmer Foto: Die Oberbadische

Ausstellungseröffnung „Bootsflüchtlinge“ beim SAK / „Zivilisationskrankheit Gleichgültigkeit“

Lörrach (was). „Die schlimmste Krankheit unserer Zeit ist und bleibt die Gleichgültigkeit“: Mit diesen Worten eröffnete der deutsch-französische Chansonnier Robert-Frank Jacobi aus dem Elsass am Freitagabend die Vernissage zur Ausstellung „Bootsflüchtlinge“ im Alten Wasserwerk des Sozialen Arbeitskreises (SAK).

Zu den Vernissage-Gästen dieses Kooperationsprojekts von Amnesty International Lörrach, UNICEF und dem Arbeitskreis Miteinander gehörten auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Armin Schuster und der Grünen-Landtagsabgeordnete Josha Frey.

Im Mittelpunkt steht auf 28 Tafeln das Schicksal von Bootsflüchtlingen, die auf dem gefährlichen Weg übers Mittelmeer nach Europa kommen wollen. Sie sind in überfüllten und wenig seetauglichen Booten ohne Ausrüstung, Nahrungsmittel oder Trinkwasser unterwegs. Haben sie die lebensgefährliche Überfahrt heil überstanden, droht ihnen die Zurückweisung oder Abschiebung, noch bevor sie einen Asyl-Antrag stellen können.

„Jeder Flüchtling hat ein individuelles Schicksal, jeder hat Hoffnungen“, sagte Susanne Knickmeier von Amnesty International. Sie erzählte, dass im Jahr 2013 erstmals über 50 Millionen Menschen auf der Flucht gewesen seien, die meisten innerhalb ihres Landes. In der Europäischen Union (EU) hätten im gleichen Jahr 430 000 Menschen einen Asyl-Antrag gestellt.

Seit Jahren jedoch erschwere die EU den Zugang zu ihrem Gebiet und errichte wieder Zäune an der Außengrenze, die von der Grenzschutzagentur Frontex kontrolliert würden, schilderte Knickmeier die Situation und fügte an, dass die Flüchtlinge wie Einbrecher behandelt würden, die in das „Paradies Europa“ einbrechen wollen.

Karl-Heinz Stanzick von Amnesty International Lörrach erzählte, dass allein in diesem Jahr bereits 1600 Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken seien. Erst letztes Wochenende hätten 86 Menschen die Überfahrt nicht überlebt. Und auch das seit der Flüchtlingskatastrophe vor Lampedusa mit über 400 Ertrunkenen im Oktober vergangenen Jahres ins Leben gerufene Projekt „Mare nostrum“ werde nächsten Monat aus Geldmangel eingestellt. Trotzdem würden die Flüchtlinge weiterhin kommen und dabei den gefährlichen Weg übers Meer wählen – zumal durch die Abschottung der Grenzen der Landzugang versperrt sei.

Auch Vitus Lempfert, Vorsitzender des Arbeitskreises Miteinander, erklärte, dass die Zustände an den Außengrenzen der EU nicht akzeptabel seien und wies die Anwesenden auf eine ausliegende Petition hin, mit der der Forderung nach einem besserem Zugang der Flüchtlinge nach Europa, um hier einen Asyl-Antrag stellen zu können, Nachdruck verliehen werden soll. Herwig Popken vom Freundeskreis Asyl Rheinfelden forderte die Besucher auf, den Flüchtlingen eine „Willkommenskultur“ zu bieten und betonte, dass „das Boot noch nicht voll“ sei. „Wir sind so reich, dass wir immer noch Flüchtlinge aufnehmen können“, sagte er.

Einer der interessantesten Beiträge des Abends war das Interview mit einem 17-jährigen Flüchtling aus Gambia, der vor vier Jahren seine Heimat verließ und drei Jahre in Libyen verbrachte. Er erzählte von seinen Erwartungen an Deutschland, seinen Eindrücken, seinem früheren Alltag und seinen Zukunftsplänen, in denen vor allem Deutsch lernen eine Rolle spielt, weil er gerne mehr Kontakte zu den hiesigen Menschen pflegen möchte. u  Die Ausstellung kann bis zum zweiten Oktober jeweils von Montag bis Donnerstag, 12 bis 14 Uhr, am Wochenende während der Veranstaltungen, oder nach telefonischer Vereinbarung unter 07621/927912 im Alten Wasserwerk besichtigt werden.

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