Lörrach Kleines Jubiläum – Großes Spiel

Die Oberbadische

Zunftabend: Zunftmeister sind präsent, spritzig und glänzen mit Gesang / Begeisternde Premiere

Von Guido Neidinger (Text)     und Kristoff Meller (Fotos)

Die Narrenzunft ist 80 Jahre alt: ein kleines Jubiläum. Was die Zunftmeister in diesem kleinen Jubiläumsjahr auf die Bühne zaubern, ist jedoch eines großen Jubiläums würdig. Der Zunftabend verdient das Prädikat „Herausragend“.

Lörrach-Haagen. „Herzlich willkommen zum Zunftabend 2014“ ruft Oberzunftmeister Stephan Vogt dem erwartungsfrohen Premierenpublikum am Mittwochabend in der Alten Halle Haagen zu. 2014? Hat er sich versprochen? So recht verstehen können das nicht viele – obwohl jeder es hätte verstehen müssen. Denn auf allen Tickets steht: „Zunftabend 2014“.

Versehen ohne Folgen
Auswirkungen hat dieser Druckfehler indes nicht. Im Gegenteil: Die Zunftmeister sind mit ihrem aktuellen Programm auf der Höhe der Zeit. Sie reihen eine witzige Pointe an die andere, agieren präsent und spritzig auf der Bühne und glänzen mit Gesangsdarbietungen wie in besten Zeiten.       „Diesen Zunftabend müsste man eigentlich noch mal erleben“, hört man immer wieder im Saal. Ein schöneres Kompliment kann es für die acht Akteure nicht geben. Sie glänzen in 45 verschiedenen Rollen und bewältigen den vierstündigen närrischen Marathonlauf bestens konditioniert.

Anhaltende Begeisterung
Das Programm hat keine Längen, keine Aussetzer, die Bühnenbilder passen, sind harmonisch, und selbst die bisweilen gescholtene Akustik ist diesmal nahezu perfekt.    Aber nicht nur auf der Bühne stimmt alles. Auch dem Publikum merkt man an: Diese Gäste wollen. Als die Zunftmeister mit „Wiitblick“ loslegen und Fahrradfetischisten ebenso wie die berühmt-berüchtigte Lörracher „Schorle-Politik“ des Gemeinderats auf die Schippe nehmen, ist das Eis sofort gebrochen. Bis zum Schluss hält die Begeisterung an.

Mehr als Pausenclowns
Selbst für die Überleitungen haben sich die Zunftmeister diesmal etwas Besonderes einfallen lassen. Mehrere Akteure greifen das Thema „80 Jahre Narrenzunft“ auf und verteilen Geschenke. Eine Idee, die für viel Abwechslung und Stimmung sorgt. Teil eins einen Tick besser Im ersten Teil spielen die Zunftmeister auf einem derart hohen Niveau, dass die Sorge aufkommt, ihnen könnte nach der Pause die Luft ausgehen.

Unberechtigte Bedenken
Auch Teil zwei bietet hervorragende närrische Kost. Wenngleich – und diese Bemerkung sei erlaubt – Teil eins einen Tick besser ist. Vor allem in der „Götterdämmerig“ mit dem Dauerthema Griechenland zeigt die Narrenzunft ihr ganzes Können. Die Parodie auf Schillers „Freude, schöner Götterfunken“ aus Beethovens 9. Sinfonie ist ein berauschender Abschluss. Diese Nummer wäre perfekt für das Zunftabend-Finale.

Nachwuchs nach vorn
Kommen wir zu den Akteuren: Das Team um Stephan Vogt wächst schauspielerisch immer besser zusammen. Neben den alten Hasen spielen sich die Jungspunde Philipp Buser und Christoph Schuldt mehr und mehr nach vorne. Buser glänzt als „Q“ oder Physiker „Hermann Klein vom Phaenovum“ in der James-Bond-Persiflage „Ohni Lizens“ ebenso wie als sympathischer Italiener im „Gipfeliträffe“. Seine Bühnenpräsenz: einfach köstlich.      Christoph Schuldt ist immer dann besonders gut, wenn er trockenen Humor versprühen kann, wie in der Nummer „Ahschdössig“. Als Fußball-Nullschnaller Gustav Heckenhauer bringt er zwei Kick-Experten ein ums andere Mal mit seinen coolen Sprüchen („Wenn der Schiedsrichter immer auf Ballhöhe sein soll, muss er sich ja hinlegen.“) in Verlegenheit.    Ralf Buser, jahrelang ein Mann für kleine Nebenrollen, überzeugt inzwischen auch als Hauptdarsteller, zum Beispiel als Rentner-Agent Frieder Speck in „Ohni Lizens“ oder als CDU-Politiker Guido Wolf.

Alte Hasen sind spitze
Andreas Glattacker und Stephan Vogt sind nahezu omnipräsent und sorgen mit ihrem schauspielerischen Talent für zahlreiche Höhepunkte. Das gilt auch für Klaus-Ciprian Beha, der nicht nur körperlich voll da ist, sondern immer wieder mit Bauernschläue zu gefallen weiß – zum Beispiel als Weiler Stadtrat. Etwas zurückgenommen hat sich Karl-Heinz Sterzel, der aber nach wie vor mit enormer Wandlungsfähigkeit zu glänzen weiß: als „Moneypenny“ in der Bond-Parodie, als Uli Nodler, Sportredakteur unserer Zeitung, in „Ahschdössig“ oder Kretschmanns Ehefrau Gerlinde im „Gipfeliträffe“. Bleibt noch Hansi Gempp, das unbestrittene schauspielerische Supertalent der Narrenzunft. Gempp alleine ist das Eintrittsgeld wert. Ob als Hilfspolizist Meier oder als Rathaus-Dame Annette Rebmann-Schmelzer – als Ulknudel ist Gempp unübertroffen.

Nie verletzend
Alles in allem halten die Zunftmeister den Politikern vor Ort und darüber hinaus „den Spiegel vor“, wie Protektor und Oberbürgermeister Jörg Lutz es sich anfangs wünscht. Verletzend sind sie nie. Unterstützt werden sie von den Zundelgirls mit einer abwechslungsreichen Darbietung und dem Stadtspielmannszug.

Professionelle Helfer
Im Hintergrund wirken: Hans-Werner Schuldt und Andreas Kühn mit stimmigen Kulissen und Aufbauten, Hanspeter Goldian als Kulissenmaler, Lukas Grussenmeyer und Nico Vogt (Technik), Heike Geitlinger, Lilo Benz und Mary Fazis mit lebendigen Masken und Kostümen sowie bei kleineren Hängern die Souffleusen Ellen Quercher und Andrea Rümmele. Die Bar wird professionell von Bärbel Jung betreut, und auch der Service im Saal funktioniert bestens. Wesentlichen Anteil am Gelingen des Zunftabends haben wieder „The Nightshadows“ mit einem gekonnten musikalischen Mix.    Mit einem zweiten Besuch des Zunftabends aber wird es schwierig. Für die verbleibenden acht Aufführungen gibt es nur noch Restkarten.  

Weitere Fotos in unserer Galerie www.dieoberbadische.de

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