So gelang es, zwölf von 14 AGs und Schulkooperationen via WhatsApp & Co. zu halten. Die Teilnehmer stehen regelmäßig in Kontakt, sie arbeiten weiter, tauschen sich in Chat Rooms aus, präsentieren eigene Texte, gestalten per Video gemeinsame Aufwärmübungen oder Proben. „Das funktioniert, weil die Gruppen über längere Zeit zusammengewachsen sind, weil unsere Mitarbeiter internetaffin sind und ideenreich an die Sache herangehen. Trotzdem ist das natürlich kein Ersatz, es bleiben Lücken, es gibt Grenzen.“
Dennoch ist sie begeistert, wie kreativ sich viele, besonders junge Leute einbringen. Was indes nicht funktionieren kann, ist der Aufbau neuer Gruppen. „Das klappt nur mit echtem zwischenmenschlichem Kontakt, und nicht übers Smartphone.“ Schwierig werde es auch bei sowieso schwerer erreichbaren Gruppen, erklärt Maßen. Dazu gehören beispielsweise Projekte, die in Übergangswohnheimen angesiedelt waren. „Wir hatten es geschafft, dass Flüchlingskinder regelmäßig zu uns ins Theater kommen, da hatten wir etwas Tolles aufgebaut. Das ist jetzt über die Pandemie fast völlig weggebrochen.“
Digitale Proben mit Webcam
Auch inklusive Gruppen können derzeit schwer am Leben gehalten werden. Doch auch hier gibt es Erstaunliches zu berichten: So hat ein Spieler, der in einem Wohnheim für Menschen mit Behinderung lebt, eine Webcam zugeschickt bekommen. Über eine Betreuerin konnte die Webcam und das entsprechende Programm installiert werden. Jetzt kann er zusammen mit neun anderen an den wöchentlich stattfindenden digitalen Proben teilnehmen. In Tandems inszenierten sich die Mitwirkenden wechselseitig und tauschen die Ergebnisse über Videokonferenzen aus. „Das ist Wahnsinn“, so Karin Maßen.
Sie freut sich über den Ideenreichtum der Theatermitarbeiter. 13,5 volle Stellen hat Tempus fugit. Maßen selbst leistet ihren organisatorischen und verwaltungstechnischen Beitrag für den Verein, die Regiearbeiten für die Hausgruppen komplett ehrenamtlich. Nur für projektbezogene Aktivitäten wird sie bezahlt. Das Theater hat sie aufgebaut, es ist ihr Lebenswerk.
„Es braucht derzeit viel Optimismus"
„Es braucht derzeit viel Optimismus, und vielleicht auch einen Schuss Naivität und Urvertrauen, um an die Zukunft zu glauben“, meint sie nachdenklich. Über all dies verfügt sie. Und müht sich, in der Krise auch das Positive zu sehen. „Die Jugendlichen lesen wieder mehr. Und die soziale Komponente, vor allem kleinerer Kultureinrichtungen, erfährt derzeit eine neue Wertigkeit.“ Die Menschen schätzten den Austausch, auch über Themen jenseits von Corona.
Und vielen werde bewusst, dass die Menschheit schon viele Krisen überwunden habe. „Kultur kann helfen, einen anderen Zugang zur Lebensrealtiät zu schaffen“, glaubt Karin Maßen. „Ich spüre bei vielen eine Art Besinnung, ein Eintauchen in das eigene Befinden, weg von aller Oberflächlichkeit.“ Man erfahre aber auch die Grenzen des Digitalen. „Es braucht die Begegnung. Kultur muss erlebbar sein. Diese Erkenntnis ist vielleicht sogar eine Chance für die Kultur.“