Lörrach „Kunst berührt immer“

Regine Ounas-Kräusel

Kultur: Neunte Nacht der offenen Ateliers zieht trotz Corona-Pandemie viele Interessierte an.

Lörrach - Künstler wie Besucher genossen bei der neunten Nacht der offenen Ateliers am Samstag nach Wochen des Corona-Stillstandes Begegnung und Austausch. „Wir finden das ganz wunderbar – es ist eine Befreiung“, fasste die Malerin Antje Gärtner die Stimmung in Worte. Ein Besucher genoss es, mit anderen über Kunst zu sprechen oder auch einfach nur nachzufragen, wie es denn geht. 

24 Künstlerinnen und Künstler sowie der Verein für Bildende Kunst präsentierten in der Lörracher Innenstadt eine inspirierende Vielfalt an Malerei und Grafik, Skulpturen und Fotografie. Mit Hinblick auf die Abstandsregeln der Coronakrise lautete das Motto „Berührend ohne Berührung“.

Die Ateliergemeinschaft „Regardez“ in einem Hinterhof an der Humboldtstraße war zum ersten Mal dabei. Antje Gärtner zeigte experimentelle Tuschezeichnungen sowie Ölgemälde, die ihre Motive aus Natur und Alltag großzügig im Ungefähren ließen und dem Zuschauer Spielraum beim Betrachten.

„Es ist viel Spielerei dabei“, sagte Helmut Vogt über seine geäzten Metalldrucke mit fließenden Linien und geschichteten Farben. Landschaften inspirierten ihn, erzählte der Krankenpfleger und Geograf.

Walter Schmitt zeigte ausdrucksvolle Porträtfotografien. Er experimentiert mit den alten Techniken der Nassplattenfotografie und der Cyanotopie.

„Ich falte, das ist alles“, sagte Elke Muche, als sie Besuchern ihre Origami-Kunst vorstellte. Doch ihre Werke aus feinem Papier hatten es in sich: die gefalteten Strukturen flossen wie Wasser oder ergaben durch Licht und Schatten spannende grafische Muster. Oft müsse man die Faltungen vorher mathematisch berechnen, erzählte die Autodidaktin, die lange in Japan lebte.

Auch Muche und der Bildhauer Christian Gagelmann waren zum ersten Mal dabei. Gagelmanns Holzskulpturen zeigten von Angst und Schmerz verzerrte Gesichter, Spuren von Gewalt und Leid. Eine Skulptur im Garten stellte den Räuberhauptmann Vanni Fucci aus Dantes Göttlicher Komödie dar, der in der Hölle in endloser Folge von Schlangen getötet und wieder geboren wird. Geschaffen war die Skulptur aus einem Baum, der Verletzungen eines Blitzschlags trug. Mit Ungerechtigkeit und Willkür könne er sich nicht abfinden, dagegen lehne er sich auf, beschrieb der Bildhauer seinen Antrieb.

Selten sprachen die Kunstschaffenden direkt über das Motto der Ateliernacht. Vermutlich dachten viele wie Antje Gärtner, die sagte: „Kunst berührt immer.“ Manche erzählten, dass die Ruhe während des Corona-Stillstandes sie zum Arbeiten angeregt habe, andere wie Marga Golz vom Verein für Bildende Kunst fühlten sich blockiert. Umso mehr Spaß habe es ihr gemacht, zusammen mit Ellen Mosbacher im „Blumenpavillon“ am Bahnhof die Ausstellung „Kunst blüht auf“ zu organisieren. Eine dreidimensionale Mohnblume von Marga Golz versprühte dort in leuchtendem Rot Lebensfreude. Gemälde, Skulpturen und Fotografien von 22 Vereinsmitgliedern präsentierten, wie vielfältig die Kunstschaffenden der Region arbeiten (wir berichteten). „Wir haben eine tolle Kunstszene hier“, freute sich Golz.

Das war auch in den Ateliers bei Elena Politowa, Magdalena Schneider, Eloisa Florido Navarro, Cerstin Thiemann, Irene Pecha, Rose Thurow, Jenny Obrist, Beate Fahrnländer, Paolo Pinna, Kathrin Messerschmidt und Sabine Stolz sowie in der Ateliergemeinschaft „Schönfärberei“ im Aichelepark zu erleben. „Es ist gut gelaufen heute“, freute sich Organisator Christoph Geisel, der im Aichelepark seine eindrucksvollen Fotografien zeigte. Ständig seien Besucher gekommen und gegangen, aber selten seien so viele Menschen gleichzeitig da gewesen, dass man wegen der Hygienevorschriften eingreifen musste.

Ausstellung „Kunst blüht auf“, Blumenpavillon am Bahnhof, bis 24. September, 10.30 - 13 Uhr, 15 - 18 Uhr.

Weitere Fotos unter www.dieoberbadische.de

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