Lörrach Labsal für die Seele

Dorothee Philipp
 Foto: Dorothee Philipp

Gastspiel: Stadtmusik stellt dem Jazzclub ihre Räumlichkeiten für ein Konzert zur Verfügung 

Lörrach - Zehn Konzerte musste der Lörracher Jazzclub 56 wegen Corona in diesem Jahr schon absagen. Jetzt konnte endlich wieder eins stattfinden – dank der Unterstützung der Lörracher Stadtmusik, die ihr Haus zur Verfügung stellte.

Clubgründer Werner Büche machte in der Begrüßung aus seinen Sorgen keinen Hehl: Es sei tragisch, wie die kleinen Jazzclubs derzeit in der Luft hängen, weil sie, wie auch das Jazztone am Haagensteg, einfach nicht den nötigen Platz für das Publikum hätten.

Das bedrohe Existenzen. Auch die der Musiker. Deswegen sei man jetzt froh, dass mit dem Haus der Stadtmusik ein Konzertraum gefunden wurde. Die Organisation war für alle eine Riesenherausforderung. Viele gute Geister setzten sich ehrenamtlich dafür ein, dass an diesem Abend nun endlich wieder

Live-Jazz zu erleben war. Und die „New Orleans Shakers“ enttäuschten die Fans nicht. Die Gruppe hat sich um zwei alte Hasen, den Drummer Torsten Zwingenberger und den Klarinettisten, Saxophonisten und Sänger Thomas l‘ Etienne neu formiert, nachdem die beiden schon 1977 zusammen spielten. Jetzt wird das Quartett durch den Pianisten Jan Hendrik Ehlers und den Bassisten und Akkordeonisten Oliver Karstens komplettiert.

Nicht nur für die Musiker, sondern auch für das Publikum war das, was dann so süffig, neckisch und schwungvoll den Saal flutete die reine Freude. „Ha jo“, schallte es aus den Zuschauerreihen zu „Don’t forget your Monday date“. Das sind die Ikonen des New Orleans Jazz in reinster Brillanz, wo sich Genie und Virtuosität jedes einzelnen Musikers in vielen Farben entfalten können. Zu „Cry Me a River“ beginnt die Klarinette zu träumen, der Jazzbesen streut glitzernde Zuckerstückchen, das Piano, in den anderen Stücken wieselflink mit blitzblank poliertem Laufwerk unterwegs, rollt einen samtigen Teppich aus und der Bass gibt leise, aber eindringlich die Impulse der Vorwärtsbewegung. Dann lässt l‘ Etienne brasilianisches Feuer auflodern, er holt sich jedes Jahr dort unten durch längere Aufenthalte Nachschub. Oliver Karstens holt eine Bass-Ukulele hervor und Torsten Zwingenberger hat auf einmal im schier unerschöpflichen Arsenal seiner Drummer-Ecke eine Cuíca zur Hand, eine Reibetrommel, die quietschen und jaulen kann wie ein junges Tier.

Und bei aller Samba-Rasanz und Ausgelassenheit ist bei dieser Musik immer auch ein Quäntchen Melancholie zu spüren. „Sentimental Journey“ startet mit einer furiosen Solo-Show, in der Zwingenberger eine Dampflok in Bewegung setzt. Das schnaubt und stampft und gewinnt an Fahrt, bis man eine imaginäre Landschaft am Zugfenster vorbeifliegen sieht. Später wird er wieder als Solist das Publikum auf eine Reise durch die Savanne Afrikas und den Dschungel Brasiliens mitnehmen, in der ebenfalls ein großes Arsenal an Instrumenten zum Zug kommt. Das Schwelgen in wunderschönem Jazz geht weiter mit Klassikern wie „Caldonia“ oder „Burgundy Street“, aus denen die vier alles rausholen.

Die Zugaben sind reichlich, im Schlussmedley blitzen „Schwarze Augen“ und ein angedeutetes „Guten Abend gute Nacht“ auf, dann schmachtet das Sax und l‘ Etienne singt die Geschichten aus dem Leben, die auch unter die Haut gehen, wenn man den Text nicht versteht. L‘ Etienne hat recht: Das war Labsal für die Seele.

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