„Das blaue Wunder“ hat der Verein Bildende Kunst (VBK) den Besuchern seiner Jahresabschlussausstellung im Nellie Nashorn versprochen. Schon beim ersten Eintreten wird klar: Blau ist die Farbe der Stunde. Blau, wohin man schaut – sei es der Sekt in den Gläsern oder die Strumpfhose der Vorsitzenden. Von Beatrice Ehrlich Lörrach. Ganz zu schweigen von den 30 Werken der Künstler des VBK: Sie schaffen einen fantasievollen Rahmen für anregende Begegnungen und lebhafte Gespräche. Noch blauer war es nur am Anfang, als alle Bilder – von den Künstlern vorschriftsmäßig auf der eigenen Staffelei angeliefert – mit nachtblauem Stoff verhüllt waren. Nun sind die Hüllen gefallen. Um einen Blick auf die unterschiedlichen Interpretationen des Themas zu erhaschen, muss man sich seinen Weg durch eine dichte Menschenmenge bahnen. Kult-Event, aber Punkt Mitternacht ist der Kunstgenuss zu Ende In ihrer zweiten Ausgabe hat sich die so ernsthaft gemeinte wie in der Dauer beschränkte Jahresabschlussausstellung zu einem vorgegebenen Thema ganz offensichtlich bereits zu einem Kult-Event gemausert. Um Punkt Mitternacht ist der Kunstgenuss zu Ende, bis dahin wollen neue Kontakte geknüpft und die eigens entstandenen Bilder verkauft werden. Dies sei aber nicht das vorrangige Ziel der Veranstaltung, betont Ellen Mosbacher, die die Ausstellung nun schon im zweiten Jahr kuratiert hat. Viel wichtiger sei das „Happening-mäßige“, die spontane Konfrontation mit Bildern, die für diesen Abend angefertigt wurden und die vorher niemand gesehen hat, auch die Kuratorin nicht. Wobei sich die wirklichen Überraschungen in Grenzen halten: Viele Künstler haben sich vom Thema Meer inspirieren lassen, etwa Sarah Mross in „Anthropozentrismus“ und Marga Golz in ihrem „Annähern zweier Schwimmer unter Wasser“, in den beiden nebeneinander hängenden Werken sind menschliche Hände ein markantes Motiv. Die toten Fische in dem am Meeresufer angeschwemmten Waschbecken von Isabell Schäfer-Neudeck („Blue Ocean“) spiegeln sich ganz greifbar wieder in der Pinselcollage von Konrad Grund: durch einen Rahmen in Beziehung gesetzt, wirken die Pinselstiele wie Sardinen in der Büchse. Spontane Konfrontation mit Bildern, die für diesen Abend angefertigt werden Ideengeberin Ellen Mosbacher hat mit ihrer Abbildung zweier Erdbälle den Begriff des „Blauen Planeten“ aufgegriffen. Die vielen Assoziationsmöglichkeiten sowie die von der Farbe Blau ausgehende Ruhe hätten sie auch dazu bewogen, das Thema vorzuschlagen, berichtet sie. Gearbeitet wurde auf mannigfaltige Weise, mit einem großen formalen Variantenreichtum: symmetrische Kristalle, organisch gewachsene Algen, zum Bildmotiv erhobene Farbspritzer, Farb-Bollen, die fast von der Leinwand zu fallen drohen, aber auch ein Fotoalbum und Figürchen aus gebogenem Draht („Himmels-Aue“) – die Künstler haben sich einiges einfallen lassen. Auch an den kleinen Geldbeutel ist gedacht: mit frei gestalteten Bildquadraten aller Teilnehmer zum Einheitspreis von 50 Euro. Wer aber wirklich Gefallen an einem Bild findet, ist auch bereit, deutlich mehr auszugeben. Verkauft! Elena Politowa klebt einen blauen Punkt auf ihr großformatiges, in fluoreszierendes Blau getauchtes Bild „Birken“, Kaufpreis: 490 Euro.