Rund 40 Frauen und Kinder waren am Mittwoch der Einladung der Schubert-Durand-Stiftung gefolgt, um im Rahmen des wöchentlichen „Begegnungscafés“ das Ende der 30-tägigen Fastenzeit Ramadan mit einem traditionellen Zuckerfest zu feiern.
Zuckerfest: Lörracher Afghaninnen erzählen von Taliban-Herrschaft in ihrer Heimat
Rund 40 Frauen und Kinder waren am Mittwoch der Einladung der Schubert-Durand-Stiftung gefolgt, um im Rahmen des wöchentlichen „Begegnungscafés“ das Ende der 30-tägigen Fastenzeit Ramadan mit einem traditionellen Zuckerfest zu feiern.
Von Markus Greiß
Lörrach. In den Räumen des Familienzentrums tischten die Frauen Leckereien auf, so etwa die in Öl ausgebackenen und in Zuckersaft getauchten „Jelabi“ oder die so genannten „Elefantenohren“, die entfernt an Fastnachtsküchle erinnern.
Es wurde geplaudert und ausgelassen zu afghanischer Musik getanzt, während die Kinder im Nebenraum spielten. Lebensfreude pur, könnte man meinen. Und doch drehen sich die Gedanken vieler Frauen um die aktuelle Situation der Menschen in Afghanistan. So erzählte Somayeh Hassariy, die 2016 mit Mann und Tochter nach Deutschland gekommen ist, von der desolaten Lage in dem von den Taliban übernommenen Land. Mädchen dürften nur noch bis zur fünften Klasse in die Schule gehen, die Taliban hätten Schulen gesprengt und manche junge Frauen würden zwangsverheiratet. Die häufig aus unterentwickelten Bergregionen stammenden islamistischen Kämpfer wollten generell „Bildung verhindern, weil sie so Macht haben“.
Desaströs ist auch die wirtschaftliche Lage. Ariyan Pakiza, die seit 15 Jahren in Deutschland lebt, berichtet von arbeitslosen Männern, bettelnden Kindern und dem Versuch der Taliban, durch die Abschaltung des Internets zunächst in den ländlichen Regionen die einzige Kommunikationsmöglichkeit der Bevölkerung mit der Außenwelt zu unterbinden.
Als Angehörige des Paschtunenvolks diskriminierten sie andere Volksgruppen. Viele Afghanen versuchten, nach Iran zu fliehen. Gelingt ihnen dies, erhielten sie dort nur kurzzeitige Aufenthaltsbewilligungen. Manche Menschen verlässt angesichts dieser Gesamtlage der Lebensmut. Marziye Mohammadi erzählte traurig von ihrer Nichte, die vor der Machtergreifung der Taliban die zwölfte Klasse abgeschlossen hatte. Als ihr der weitere Schulbesuch verboten wurde, unternahm sie einen Suizidversuch. Sie überlebte, hat aber Gesundheitsschäden zurückbehalten. Nun sucht Mohammadi nach Wegen, um zumindest ihrem zwölfjährigen Neffen die Ausreise aus Afghanistan in eine bessere Zukunft zu ermöglichen.
Zwischen der Willkür und Rechtlosigkeit in Afghanistan und der Situation der emigrierten Afghaninnen in Lörrach liegen Welten. In Deutschland „haben wir alle Möglichkeiten“, so Hassariy. Sie hat diese genutzt und steht nun kurz vor dem Abschluss ihrer Lehre als Einzelhandelskauffrau.