Lörrach Literarische Sternstunde

Die Oberbadische
Einblicke in sein literarisches Schaffen hat der Lyriker Christoph Meckel den Zuhörern geschenkt. Foto: Jürgen Scharf Foto: Die Oberbadische

Lesung: Lyriker und Erzähler Christoph Meckel bei Hebelbund

Von Jürgen Scharf

Lörrach. Den „grandiosen Verfasser kurzer Prosa“ (Volker Habermaier) hat der Lörracher Hebelbund mit dem Lyriker und Erzähler Christoph Meckel zu einer literarischen Begegnung eingeladen. Es wurde eine literarische Sternstunde mit einem der großen Lyriker der Nachkriegsliteratur und literarischen Einzelgänger.

In der Lyrik nach 1945 und in Anthologien taucht der 1935 geborene Meckel, der jahrelang in Berlin lebte, aber doch fest auch im deutschen Südwesten, in Freiburg und in Ötlingen verwurzelt ist, immer wieder auf. Aber einem breiteren Lesepublikum ist er nicht so bekannt, dabei ist er, wie man im Hebelsaal des Dreiländermuseums erleben konnte, ein guter Literat mit einem gewaltigen Oeuvre, das auf einem Büchertisch von „Buch Metzler“ auslag.

Seine ursprüngliche Lesung im März musste Meckel wegen Erkrankung verschieben. Und obwohl er an diesem Sonntag mit etwas leiser, brüchiger Stimme las, war es ein großes Erlebnis mit großartigen Texten. Habermaier, Präsident des Hebelbunds, zeigte sich erfreut, dass er im Publikum viele gesehen habe, die Meckel kennen, sein Schreiben verfolgen und sich freuen, ihn hier zu sehen.

In seiner Einführungsrede erwähnte Habermaier auch, dass es Tradition sei, den Hebelpreisträger im Jahr nach der Preisverleihung nach Lörrach einzuladen. 2018 wurde Meckel vom Land Baden-Württemberg mit dem Hebelpreis ausgezeichnet – spät, aber nicht zu spät.

Die Lesestunde schlug einen weiten Bogen über das literarische Schaffen Meckels und zog sich über viele Jahrzehnte, bis hin zu zeitaktuellen Gedanken in Gedichten, in denen es um die Erde und das Leben geht.

Zuerst las der Autor eine lange Erzählung, die 35 Minuten dauerte, mit dem Titel „Dunkler Sommer und Musikantenknochen“, eine erinnerte Geschichte. Der Ich-Erzähler träumt als Junge von der „Stadt Ebènda“, ein Wörtchen, das er falsch betont hat und das sich als Fußnote in Büchern findet. Dieses Wort beflügelt den Autor zu einer fantasievollen Geschichte, in der der Erzähler seinen Onkel besucht, den „Bibliothekar eines magischen Bezirks voll ungeheuerlicher Bücher“, bei ihm abgestandene Papierluft einatmet und Geheimnisse wittert.

Allgemeines Staunen im Publikum über die sprachlich farbigen Wortschöpfungen in dieser Geschichte, in der „kuchenkrümelnde Notizen, pflaumenblaue Sätze, kuhglockenbimmelnde Frechheiten“ und Mitternachtsaphorismen, kurz: „Katerpoesie“, vorkommen. Der Erzähler lässt durchblicken: „Vielleicht ist alles erfunden. Wir wollen mal hoffen, dass sie stimmt“.

Wie dem auch sei, Meckel hat diese Sätze geschrieben, „wer weiß, warum und für wen“. Wie lautet der letzte Satz doch vieldeutig: „Wenn eine Geschichte zu Ende ist, soll man keine Worte mehr machen“.

Danach las der Autor noch acht Gedichte voller bemerkenswerter Gedankenfülle und -tiefe aus der 2015 erschienen Anthologie „Tarnkappe“ mit gesammelten Gedichten, dem großen lyrischen Gesamtwerk, das zum ersten Mal in dieser umfassenden Form erschienen und auch für Kenner etwas Neues ist. Darunter das hieroglyphische „u.A.w.g.“ (um Antwort wird gebeten) und das „Jerusalem“-Gedicht, gewidmet Jehuda Amichai: „Ich will auf einem Markt geboren sein...“, ein wunderbares, wenn nicht Meckels schönstes Gedicht.

Bei diesen einmaligen Gedichten und der schönen Prosa konnte man Habermaiers Resümee zustimmen, dass auch derjenige, der Christoph Meckel nicht kannte, einen „ganz eigenen Ton verspürt“ haben wird.

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