Lörrach. Franziska Wigger stammt aus der Schweiz, ist Sängerin und Jodlerin. Es ist ihr ein Anliegen, die Lust und Freude am Jodeln zu stärken und zu vermitteln. Anfang Oktober will sie das bei einem Kurs der Stimmen-Werkstatt in Lörrach tun. Mit der Sängerin unterhielt sich Gabriele Hauger. Schweizer werden von uns Deutschen ja gerne klischeehaft mit Jodeln in Verbindung gebracht. Wie ist denn der tatsächliche Stellenwert des Jodelns in Ihrer Heimat" Der wird immer größer. Die Volksmusik hat bei uns in den vergangenen Jahren einen bemerkenswerten Aufschwung erlebt. Und gerade junge Leute lassen diese Musik innovativ wieder aufleben. Das spricht dann auch die Jugend an. Anderseits ist nach wie vor das traditionelle Jodeln sehr angesagt. Woher kommt diese Renaissance" Back to the roots! Zurück zu den Wurzeln gehen, das ist wieder in. Traditionen und Brauchtum boomen – vielleicht auch wegen der Globalisierung. Wie sind Sie zum Jodeln gekommen" Ich bin in einer echten Jodelhochburg aufgewachsen, in der Gegend um Luzern, in Entlebuch. Dort hat das Jodeln einen sehr hohen Stellenwert. Ich habe das schon als Kind gehört, später mit meiner Schwester im Duett viele Auftritte gehabt. Mit 15 Jahren habe ich angefangen. Dieser Gesang ohne Worte hat mich fasziniert, das Spiel mit der Stimme. Ab wann darf man sich überhaupt als Jodlerin bezeichnen" Ist das ein geschützter Titel, man denke nur an das unvergessene Jodeldiplom von Loriot" Es kann sich jeder Jodler nennen. Man kann diese Gesangsform ja nicht studieren, im Gegensatz zu Pop, Jazz, Rock oder Musical. Obwohl es an der Hochschule Luzern-Musik zwar eine Volksmusikabteilung gibt, und ich dort auch bereits das Modul Jodeln anbieten durfte. Über den Sketch kann ich mich übrigens herrlich amüsieren! Loriot hat diesen Jodelkurs ja gar nicht abwertend dargestellt, sondern sehr liebevoll. In Ihrem Stimmen-Werkstatt-Kurs geht’s aber anders zu, oder" Es soll bei uns schon auch lustig sein. Aber wie alles, das man richtig lernen will, gibt es auch bei uns eine gewisse Ernsthaftigkeit. Doch wir üben sehr lustbetont. Es werden viele Sinne angeregt... Legen Sie gleich los" Ich gebe eine kurze Einführung: Was beinhaltet die Jodeltechnik und eine Hinführung zum genauen Hören. Das ist beim Jodeln sehr wichtig, sonst kann man das auch praktisch nicht umsetzen. Jodeln hat ja keine Worte. Trotzdem: Was kann man mit Jodeln ausdrücken" Die Klänge, das Verändern durch Vokale, der Wechsel zwischen Kopf- und Bruststimme beziehungsweis zwischen Modal- und Falsettstimme bei den Männern – das hat etwas Uriges. Viele sagen: „Ah, das geht mir jetzt aber wirklich ans Herz“, wenn sie Jodeln hören. Jodeln berührt einen tief im Inneren. Wir haben jedoch eher fröhliche Jodel. Aber gerade im Appenzell gibt es auch sehr getragene Naturjodel, meditativ und fast melancholisch. Verraten Sie uns den Ursprung des Gesangs. Da gibt es verschiedene Hypothesen. Das Überschlagen der Stimme im Affekt wird als ein Inspirationsgrund angeführt. Andere wiederum sagen, dass es durch das Zurufen von Alp zu Alp entstanden ist. Oder durch das Nachahmen von Naturinstrumenten wie Alphorn. Es gehört jedenfalls zur Landschaft und wird von ihr geprägt. Folkloremusik wird zudem immer auch von der Gesellschaft geprägt, egal, ob das Jodeln oder eine andere Volksmusik ist. Gibt es ähnliche Gesangsarten in anderen Kulturen" Absolut. Die Jodeltechnik gibt es auch in Zentralafrika beispielsweise bei den Pygmäen. Dann gibt es das Joiken in Schweden, auch ein gutturaler Gesang. Oder in Georgien. Ähnliche Gesänge gibt es auf der ganzen Welt: dieses typische Spiel mit dem Kehlkopf und der Stimme, auch wenn Melodie und Vortragsweise sehr unterschiedlich sind. Viele sehen Jodeln nur als Folklore. Was bedeutet es für Sie" Jodeln ist für mich Heimatgefühl. Da ich klassischen Gesang studiert habe, bin ich auch mit diesem sowie Pop und Jazz konfrontiert worden. Und die Jodeltechnik ist wunderbar mit anderen Stilrichtungen und Instrumenten kombinierbar. Jodeln gibt viel her. Seine Eigenart schätze ich sehr. Ich persönlich kann damit am besten ausdrücken, was ich gerade empfinde. Ich schätze das einzigartige Eigenartige. Passiert es Ihnen, das Sie beim Wandern in den Schweizer Bergen plötzlich mal einen Jodler loslassen" Ja, klar. Manchmal hab ich das Gefühl, jetzt muss einfach einer raus! n  Workshop der Stimmen-Werkstatt: „Die Klangvielfalt des Jodelns für Fortgeschrittene“, 1. und 2. Oktober mit Franziska Wigger, Samstag, 10 bis 16 Uhr, Sonntag, 10 bis 13 Uhr, Burghof Lörrach. Nächstes Jahr ist wieder ein Kurs auch für Anfänger geplant. Anmeldung und weitere Informationen: www.stimmen-werkstatt.com