Welten verschmelzen
MASAA, was auf arabisch „Abend“ bedeutet, verkörpert die lyrische und musikalische Verschmelzung zweier Welten – nach Goethes westöstlichem Diwan die Spannung zwischen Orient und Okzident – und besingt zugleich universelle, persönliche und doch auch politische Botschaften. Ein Klangteppich aus Dialog und Offenheit, aus zärtlicher Verletzlichkeit und intensiver Leidenschaft. Sie als „Crossover“ zu bezeichnen, wäre eine zu oberflächliche Annäherung. Nichts ist plakativ, alles voller subtiler Resonanz und-Tiefe.
Intensive Dialoge
Berührend intensiv der Dialog untereinander. Immer wieder entstehen „Battles“ zwischen Gitarre und dem Schlagzeuger Demian Kappenstein, der mit dem Schneebesen das Becken streichelt und übergangslos in die Moves seines Gegenübers rockt. Verzaubernd die Dialoge zwischen Sänger und Trompeter Marcus Rust. Sein Flügelhorn lässt Feen auftauchen, gehauchte Zwischenklänge und verträumte Klanglandschaften Die Trompete singt, die Stimme flüstert und haucht, verschnörkelt sich magisch in klangliche Kalligrafie. Heterofone arabische Intervalle verschmelzen mit abendländischer Polyfonie und enden häufig mitten im musikalischen Puls. Wie mit einem Fragezeichen.
Ausschnitte aus der neuen CD unterstreichen diese Begegnung eindrucksvoll: Eine Widmung an den Musiker „Zeryab“ aus dem Córdoba des 8. und 9. Jahrhunderts, steht zum Beispiel im Nahawand-Modus, einer Ton-Skala, die mit dem europäischen Moll verwandt ist. Aber es gibt in der arabischen Musik eben viele „Molls“, die sich durch ihre Mikro-Intervalle unterscheiden.
Spontane Improvisation
Der im Libanon als Kind katholischer Maroniten aufgewachsene Sänger Rabih Laboud lebt seit mehr als zehn Jahren in Deutschland. Seine musikalische Laufbahn hatte als Pianist begonnen. Und mit der Beschäftigung mit der europäischen Klassik. Inzwischen gilt er als bedeutender Coach und Dozent für Fragen des „Flows“, längst nicht nur in musikalischer Hinsicht. Mittlerweile werden seine deutschen oder französischen Lieder seltener, die Neugier auf die Kraft der arabischen Wörter wieder intensiver. Häufig betont Laboud in seiner Moderation, wie wichtig ihm die Reaktion des Publikums sei, mit der auch seine Spontan-Vorträge beeinflusst würden. Immer wieder entstehen dabei spontane Text-Variationen, schlank und knapp wie Haikus.
Wiegenlied gegen den Krieg
Und völlig unpathetisch, leise, fast introvertiert singt Laboud das Wiegenlied „Lullaby for Jasu“, eine intime Serenade für ein Kind und gegen den Krieg: „In meiner Stimme ist Frieden, kein Krieg“ sagt Laboud. Wer in einem kosmopolitischen Land voller Konflikte wie dem Libanon aufgewachsen ist, scheut auch die persönliche Konfrontation nicht.
Laboud erzählt im Burghof von dem nachhaltigen Erlebnis, auf der griechischen Insel „Chios“ mit vierzig griechischen Schülern und arabischen Flüchtlingen gemeinsam auf der Bühne gesungen zu haben. „Secret of the wings“ erklingt mit der Kraft und Harmonik von Theodorakis. Und gerät auch im Burghof zu einem bewegenden Fanal.