Lörrach Meister des Stegreifsolos

Die Oberbadische
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Theater: ValentinKarlstadt Theater München mit anarchistischem Humor im Burghof

Von Jürgen Scharf

Lörrach. Die Inspiration liefert Karl Valentins anarchischer Humor: Sein eigentlich nur 20-minütiger Sketch „Die Orchesterprobe“ wird vom ValentinKarlstadt Theater München zu einer abendfüllenden Komödie aufgeblasen. Valentins sprachliche Wirrungen grenzen an Dadaismus, was die doppelte Logik und die logischen Brüche, seine Diagnose des normalen alltäglichen Sprachgebrauchs betrifft. Mit seinem hintersinnigen Humor begeistert Valentin heute wie damals. Bestes Beispiel: ein vollbesetzter Burghof am Sonntagabend.

Der Münchner Meister des Stegreifsolos lebt durch die Komik an Sprachverdrehung. Und genau dieser noch immer unerreichte Sprachwitz, die Sprachkunst, ja, der Sprachanarchismus (Valentin legte bekanntlich Wert darauf, dass das „V“ wie „F“ ausgesprochen wird) kommt in dieser Komödie nach Karl Valentin zum Tragen. Das Ensemble nimmt die „Orchesterprobe“ als Grundlage, um weitere Monologe, Dialoge und Szenen dieses Wortkünstlers einzubauen. Aber es bleibt bei dieser Handlung bis zum Schluss.

Guter Beobachter seiner Mitmenschen

Valentin selber hat ja seine Handlungen immer sorgfältig entworfen, das merkt man auch an der herrlich schrägen Orchesterprobe. Und er hat seine Mitmenschen gut beobachtet, in diesem Fall einen Vorstadtkapellmeister samt Provinzkapelle bei dem grotesken Gefecht zwischen Taktstock, Maßkrug, Geigenbogen und Zugposaune. Valentin boykottiert diese Probe, wo er nur kann, zum Leidwesen des Dirigenten, den er schier zur Verzweiflung treibt.

Nicht leicht, die beiden bayrischen Humoristen Karl Valentin und seine unerlässliche, kongeniale Partnerin Liesl Karlstadt (die mit dem Taktstock fuchtelt) darzustellen. Aber Gerald Karrer gelingt es, die verquere Figur zum Leben zu erwecken. Natürlich, die angeklebte Nase allein macht noch keinen Valentin. Skeptiker wissen: Das Original bleibt unerreicht, jede Imitation ist nur eine Annäherung. (Man stelle sich einmal den echten Karl Valentin vor: die schlaksige, hagere Gestalt, das wäre allein schon ein Teil des Humors!).

Karrer bringt sich gut ein ins Instrumenten-Tohuwabohu, in dieses absurde Theater, das man mit Beckett und Ionesco vergleichen könnte. Er hat sich Valentins Stil angeeignet, nicht nur die Wortakrobatik, sondern auch die gespielte Begriffsstutzigkeit und die slapstickartige Akrobatik beim Kampf mit dem Instrumentarium, dem offenen Geigenkasten, dem Stuhl, dem Notenständer. Da wackelt und kracht es bedenklich auf der Bühne. Karrer krakeelt komisch und bringt die Faszination Valentins, dessen Wortklauberei und unerbittlichen Witz glaubhaft rüber.

Bele Turba verkörpert auch sehr „stimmig“ die Rolle der Liesl Karlstadt, trifft deren ruppigen, resoluten Tonfall. Dieser auf zwei Stunden gedehnte Valentin hat nur wenig Längen. Wenn man das Publikum fünf Minuten allein mit einem Notenständer in Bann halten kann, was für die Darsteller enorm anstrengend ist, dann ist das wirklich eine schauspielerische Leistung. Die beiden Komödianten schaffen das Unmögliche, nämlich Karl Valentin nachzuspielen!

Unendliche Fundgrube Valentinschens Humor

Zwischen den einzelnen Szenen und Sketchen wie den Verwechslungen um Hoffmannstropfen und Hoffmanns Erzählungen – da merkt man wieder, was für eine unendliche Fundgrube dieser Valentinsche Humor ist – geben die echten Musiker um den Pianisten Christian von der Au, der Cellist Christian Jüttendonk, die Saxofonistin Bettina Maier, der Posaunist und Tubist Michael Walter, ein Concerto furioso mit zünftig-verquerer Musik. Und warten mit Karl Valentin noch immer auf den Bruder vom Rhythmus – eines der schönsten Valentinschen „Missverständnisse“.

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