Als ich anfing, mich intensiv für Musik zu interessieren, waren es Vorbilder wie Pink Floyd oder Led Zeppelin. Mit Anfang 20 habe ich dann den Jazz für mich entdeckt. Da habe ich mir die ganze Jazzgeschichte reingezogen, von den Sängerinnen Billie Holiday bis zu Miles Davis. Ein wichtiges Vorbild war Bobby McFerrin, mit dem ich mehrfach zusammenarbeiten durfte. Das erste Mal übrigens in Lörrach bei einem Stimmen-Workshop. Da haben wir mit mehreren Sängern eine Woche lang mit ihm zusammengearbeitet. Ich war dann ein paar Mal zu seinen Projekten eingeladen. Er war eine wichtige Figur für mich. Heute sind meine wichtigsten Inspirationsquellen meine Mit-Musiker.
Frage: Wie haben die Mitglieder des Sextetts „Hildegard lernt fliegen“ zueinander gefunden?
Die Band ist im letzten Studienjahr an der Universität der Künste in Bern entstanden, wo ich Komposition studiert habe. Ich suchte nach Mitmusikern, mit denen ich kompositorisch experimentieren kann. Ich wollte bewusst eine Band ohne Harmonieinstrumente, also keine Gitarre, kein Klavier, sondern Instrumente, die nur monofon einen Ton abbilden können, so wie die menschliche Stimme auch. Ich verfolgte dabei den intuitiven Ansatz, dass ich als Sänger und Komponist die Stimme für alle entwickle. In unserer jetzigen Konstellation arbeiten wir seit 2010 zusammen. Wir sind ein super Team – auch menschlich.
Frage: Vokalakrobat – diese Titulierung gefällt Ihnen nicht so gut. Ihre quasi doppelgleisige Stimmkunst könnten Sie sich glatt patentieren lassen. Beschreiben Sie das doch bitte mal.
Ich versuche, die Grenzen auszuloten, was mit der Stimme alles möglich ist. Mit der Zunge, mit Schnalz- und Knackgeräuschen, mit Pfeifen, mit vielen mundperkussiven Elementen. Dass ich die Bezeichnung Vokalakrobat nicht so gerne mag, liegt daran, dass ich eigentlich immer versuche, mit meiner Stimmkunst eine Geschichte zu erzählen. Und das sind eben die Mittel, die ich dazu verwende. Um stimmliche Akrobatik geht es da weniger.
Frage: Singen Sie eigentlich auch manchmal ganz „normal“?
Bei „Hildegard lernt fliegen“ hat es schon auch einige Stücke, in denen ich ganz normal singe, mit englischen Texten. Es gibt im Programm beispielsweise eine Art Ballade, sehr emotional und ruhig. Aber das ist nicht unser Kerngeschäft. In anderen Projekten hingegen interpretiere ich stärker Jazzstücke – auch Standards. Ich höre solche Musik im übrigen auch sehr gerne.
Frage: Wie viel Anteil an Ihrem Auftritt haben Improvisationen?
Unsere Auftritte sind stets eine Mischung aus Eigenkompositionen mit einem großen Anteil an Improvisationen, die wir aus dem Augenblick heraus gestalten. Wir schauen einfach, wie das Publikum tickt. Manchmal sind die Zuhörer eher hoch konzentriert, introvertiert. Manchmal ist das Publikum hingegen eher ausgelassen und in Feststimmung. Je nach Situation versucht man, die Zuhörer dann dort abzuholen. Manchmal interagieren wir ganz intensiv, musizieren gemeinsam: Es kommt schon mal vor, dass Leute aus dem Publikum auf der Bühne stehen und uns als Band dirigieren; vielleicht wird es aber auch ganz gesittet. Da herrscht viel ungewisse Freiheit. Das soll auch so bleiben, denn das macht das Musizieren gerade so lustvoll.
Frage: Was erwarten Sie von Lörrach?
Ich freue mich sehr auf den Auftritt im Rosenfelspark. Das soll ja ein toller Konzertort sein. Da wurde mir schon viel vorgeschwärmt. Hinzu kommt, dass es unser letztes Konzert bis 2020 sein wird. Das ist also DIE Möglichkeit, die Band noch mal zu erleben. Wir werden uns dann eine Weile zurückziehen und intensive Probezeiten beginnen, denn wir wollen nächstes Jahr ein neues Album aufnehmen. Wir verabschieden uns nach dem Lörracher Auftritt in den Untergrund – um dann wieder mit etwas ganz Neuem, Innovativem aufzutauchen.
Stimmen-Konzert im Rosenfelspark: Mittwoch, 18. Juli, 20 Uhr; Support: Tokunbo; Karten gibt es auch in unseren Geschäftsstellen