Lörrach Motettenchor singt Brahms Requiem

Jürgen Scharf
Der Motettenchor, das Kammerensemble und Solisten sorgten für eine gerundete Aufführung des Brahms-Requiems in St. Bonifatius. Foto: Jürgen Scharf

Werke von Johannes Brahms und Gustav Mahler vereinte das Konzert des Motettenchors Lörrach unter Leitung von Joss Reinicke in St. Bonifatius.

Der Wiener Kritiker Eduard Hanslick war irritiert und verglich den Orgelpunkt am Ende des dritten Satzes in Brahms’ „Deutschem Requiem“ mit der „beängstigenden Empfindung, die man beim Eisenbahn-Fahren durch einen sehr langen Tunnel hat“. Diesen Tunneleindruck von Hanslick, seinerzeit der wichtigste Brahmsianer, konnte das Publikum bei der Aufführung des Motettenchors Lörrach in der vollbesetzten Bonifatiuskirche nicht unbedingt teilen. Denn die Pauke hat hier nicht das ganze Geschehen so dominiert, sondern war in den Gesamtklang des eher kammermusikalisch besetzten Instrumentalensembles integriert.

Trostvolle Sicht

Überhaupt war es unter Leitung von Joss Reinicke eine mehr dem Trostvollen zugewandte Sicht auf dieses viel gespielte Werk, das angelegt ist zwischen irdischem Leid und jenseitiger Hoffnung. Zu dieser eher milden Auffassung passte gleich das holde Sopransolo „Ihr habt nun Traurigkeit“. Eine himmlische Mutter singt hier: „Ich will euch trösten“.

Es ist also das Spektrum zwischen Trauer, Tod, Schmerz und Zuversicht, und das kann man auf verschiedene musikalische Lesarten ausloten. Auch mit weniger opulenter Klangfülle konnte das Kammerensemble des Motettenchors das Werk schön realisieren, vor allem klanglich detailliert, mit kammermusikalischer Transparenz und Durchhörbarkeit.

Bezug zur Oratorientradition

Der Motettenchor sang kraftvoll und sauber, im Stil des Klassizismus mit hörbarem Bezug zur Oratorientradition und meisterte die sehr fordernden choralartige Chorsätze mit den groß angelegten Fugen beeindruckend.

Als Herzstück kristallisierte sich bei der Aufführung der zweite Satz heraus: „Denn alles Fleisch, es ist wie Gras“, eine Musik in einem Marschgestus, die sich steigert und an die Vergänglichkeit allen Tuns des Menschen gemahnt.

Die Soli von Sopran und Bariton waren mit sprachlicher und musikalischer Klarheit vorgetragen. Isabel Weller gestaltete ihr Sopransolo mit tröstlicher Stimmung und lieblichem Timbre. Mateo Penaloza Cecconi konnte in zwei größeren gewichtigen Auftritten zusammen mit dem Chor, „Herr lehre doch mich“ und „Denn wir haben hie keine bleibende Statt“, mit balsamisch warmem Bariton das Drama der menschlichen Existenz ausloten.

Sopran und Bariton

Dirigent Joss Reinicke hielt die Stimmung des Choraltons der Seligpreisungen bis in den meditativ gesungenen Schlusssatz „Selig sind die Toten“.

Von Reinicke stammte auch die schlüssige Idee, dem Brahms-Requiem einige Mahler-Orchesterlieder voranzustellen, die stimmig in diesen Kontext passten. Die Sopranistin interpretierte höchst sensibel die zartbittere Musik von drei der fünf „Kindertotenlieder“ nach Gedichten von Rückert, und der Bariton übernahm das feierlich und schlicht dargestellte „Urlicht“ aus den Wunderhorn-Liedern, das Mahler auch in die zweite Sinfonie übernommen hat.

Homoge Verschmelzung

Bei dieser Mahler-Auswahl kam es zu einer homogenen Verschmelzung von Singstimmen und Instrumentalbegleitung. Und das machte zusammen mit der geglückten Balance auf vokaler und instrumentaler Ebene im Brahms-Requiem das Kirchenkonzert in der Con-Boni-Reihe – zugunsten des Hospizes am Buck – zu einem Ereignis.

  • Bewertung
    0

Beilagen

Umfrage

Donald Trump

Präsident Donald Trump hat die US-Militärhilfen ausgesetzt, bis der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj „den Fokus auf Frieden“ legt, wie es aus dem Weißen Haus  heißt. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading