Lörrach Nazis in die Hände gespielt

Regine Ounas-Kräusel
Jörg Lutz (l.), Robert Neisen und Andreas Lauble in der NS-Ausstellung des Dreiländermuseums Foto: Regine Ounas-Kräusel

Geschichte: Ausstellung „Gefeiert und gefürchtet – Die Nationalsozialistische Diktatur in Brombach, Haagen und Haiuingen“ eröffnet

Lörrach - Oberbürgermeister Jörg Lutz eröffnete am Freitag die Ausstellung „Gefeiert und gefürchtet – Die Nationalsozialistische Diktatur in Brombach, Haagen und Hauingen“ zum gleichnamigen Buch des Historikers Robert Neisen. Sie ist bis zum 30. Mai 2021 im Dreiländermuseum parallel zur Ausstellung „Kunst im Nationalsozialismus“ zu sehen.

Zur Eröffnung kamen die Ortsvorsteher von Brombach und Haagen, Silke Herzog und Horst Simon, Annette Bachmann-Ade als Vertreterin des Hauinger Ortsvorstehers, sowie Gemeinde und Ortschaftsräte. Dies sei kein erfreulicher, aber ein wichtiger Anlass, sagte Lutz. Er erinnerte daran, wie aus der Debatte um das Porträt des Lörracher NS-Bürgermeisters Reinhard Boos im Rathaus der Wunsch entstand, die Geschichte des Nationalsozialismus in der Stadt aufzuarbeiten. Im Jahr 2013 legte Robert Neisen sein Buch „Lörrach im Nationalsozialismus“ vor. 2015 erschien das Werk „Heute kann ich darüber sprechen“, in dem Hansjörg Noe Zeitzeugen befragt, und im September 2020 dann Neisens Werk über Brombach, Haagen und Hauingen, die damals selbstständig waren.

Neisen stelle nicht die Täter, sondern die Lebensgeschichte der Menschen und auch der Opfer in den Mittelpunkt, sagte Lutz. Er erinnere insbesondere an die schrecklichen Folgen des Antisemitismus der Nationalsozialisten. Noch heute gebe es Antisemitismus, wie die Angriffe auf die Synagoge in Halle und auf einen jüdischen Mann in Hamburg zeigten.

Neisen und der Leiter des Stadtarchivs Andreas Lauble blickten auf zehn Jahre vertrauensvoller Zusammenarbeit zurück. Sie dankten dem Dreiländermuseum sowie zahlreichen Menschen aus Lörrach, die ihnen historische Materialien zur Verfügung gestellt haben.

Neisen dankte dem Gemeinderat und den Ortschaftsräten, die seine Forschungen aktiv gewollt hätten.

Für die Ausstellung hat Robert Neisen seine Forschungsergebnisse prägnant auf zehn Textfahnen zusammengefasst. Ergänzt werden sie von Gemälden, Fotos, Briefen und anderen Objekten aus der Museumssammlung und dem Stadtarchiv.

Alle drei Orte seien vom Protestantismus, von der Textilindustrie sowie vom scharfen Gegensatz zwischen Textilarbeitern und Besitzenden geprägt gewesen, so Neisen. Da die Besitzenden – Fabrikdirektoren wie Bauern – große Angst vor den Kommunisten hatten, hätten die Nationalsozialisten überdurchschnittliche Wahlergebnisse erzielt. Er sprach aber auch vom „kommunalen Eigensinn“ der Dörfer. So würdigt die Ausstellung Haagens Bürgermeister Karl Gümpel, einen überzeugten Demokraten, der sich 1933 gegen seine Absetzung wehrte, aber nur seine Pension retten konnte.

Die Ausstellung schildert, wie die bürgerlichen Turn- und Gesangvereine bei der Etablierung der NS-Herrschaft eine tragende Rolle spielten und wie die Ideologie den Schulunterricht prägte. Sie schildert Hoffnung und Desillusionierung der Menschen. Auch Verbrechen werden genannt, zum Beispiel, wie behinderte oder psychisch kranke Menschen aus den drei Dörfern unfruchtbar gemacht oder im Rahmen des Euthanasie-Programms ermordet wurden.

Zu sehen sind zum Beispiel eine Fahne des Gesangvereins Eintracht Rötteln, auf der nach 1945 eingestickte Hakenkreuze entfernt wurden, sowie Schulaufsätze mit Titeln wie „Die Front kämpft, die Heimat opfert“.

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