Lörrach Nicht zum Berchtesgadener Land werden

Guido Neidinger
Oberbürgermeister Jörg Lutz zeigte sich sicher, dass das Infektionsgeschehen mit dem Coronavirus im Landkreis von mehreren Grenz-Faktoren befeuert wird. Foto: Archiv

Corona: Hohe Infektionszahlen im Kreis Lörrach beunruhigen den Gemeinderat. Grenzlage zur Schweiz als Grund befürchtet.

Lörrach - Sorgen bereiten die stark ansteigenden Corona-Infektionszahlen in Lörrach und im Landkreis dem Gemeinderat und auch Oberbürgermeister Jörg Lutz. Das wurde in der Sitzung des Gemeinderats am Donnerstag deutlich.

„Das ist nicht hinnehmbar“, betonte Lutz beim Blick auf die Infektionszahlen im Landkreis Lörrach. Mit einer Inzidenz von 235 liegt der Landkreis einsam an der Spitze des gesamten Landes und nimmt auch bundesweit einen vorderen Platz ein. 40 Corona-Patienten aus dem Kreis Lörrach liegen derzeit in einer Klinik, neun müssen intensivmedizinisch behandelt werden, sechs werden beatmet.

Harte Kritik wurde bei dem Tagesordnungspunkt „Sachstand Corona“ an Verschwörungstheoretikern und Corona-Leugnern geäußert, die auch in Lörrach mitunter für Aufsehen sorgen.

„Niemand darf seine Freiheit auf Kosten anderer ausleben“, empörte sich Günter Schlecht (SPD). Er forderte dazu auf, Verschwörungstheorien zu bekämpfen sowie „Leugner und Quertreiber in die Schranken zu weisen“. Die Landrätin forderte Schlecht auf, endlich die Corona-Zahlen in den einzelnen Gemeinden zu benennen, um die drohende Gefahr im Lebensumfeld jedes Einzelnen zu verdeutlichen.

Seine Fraktionskollegin Christiane Cyperrek äußerte den Verdacht, dass die Befreiung zahlreicher sogenannter Corona-Querdenker per Attest auf Gefälligkeitsgutachten von Ärzten beruhe. Cyperrek scheute sich auch nicht vor Kritik an einigen Stadträten, die ihre Maske während der Sitzung nicht ordentlich tragen würden: „Auch der Gemeinderat hat eine Vorbildfunktion.“

Ulrich Lusche (CDU) versuchte, den hohen Infektionszahlen im Kreis Lörrach auf den Grund zu gehen. „Eventuell hat das mit dem Grenzverkehr zu tun.“ Lusche kritisierte, dass Bewohner des Landkreises in Restaurants und Bäder in der Schweiz ausweichen würden, während diese hier aus gutem Grund geschlossen seien. „Das kann so nicht weitergehen. Wir dürfen nicht das Berchtesgadener Land von Baden-Württemberg werden“, erklärte Lusche. Er forderte die Stadt auf, sich dieser Thematik verstärkt zu widmen.

Oberbürgermeister Jörg Lutz zeigte sich sicher, dass das Infektionsgeschehen im Landkreis von mehreren Grenz-Faktoren befeuert wird. Er benannte den Schweizer Einkaufstourismus, die vielen Deutschen, die als Grenzgänger im Nachbarland arbeiten, davon zahlreiche im Schweizer Gesundheitswesen. Lutz bezeichnete es als „sehr schade, dass die Schweiz das Thema so leger nimmt“.

Für Stephan Berg (Grüne) ist nicht klar, dass die Grenzlage zur Schweiz für die hohen Infektionszahlen hierzulande verantwortlich ist. „Das Bild ist diffus“, meinte er. Auch Berg findet es „nicht gut, dass man in Lörrach nicht weiß, wie die Situation in den einzelnen Kommunen ist“.

In seiner Erklärung zur Situation betonte Lutz, dass die Quarantänemaßnahmen den Fachbereich Bürgerdienste extrem belasten würden. Sieben Mitarbeiter seien ständig mit der Überwachung befasst. Zudem befinden sich 60 Mitarbeiter der Stadtverwaltung in Quarantäne, weil sie Kontakt zu Corona-Infizierten gehabt hätten. Auch einige Infektionen seien im Rathaus zu verzeichnen. Dies belaste die Arbeit und verzögere den Fortschritt von Projekten.

Immer häufiger werden laut Lutz städtische Mitarbeiter des Gemeindevollzugsdienstes von Maskenverweigerern provoziert und angepöbelt.

Die Kritik an der Genehmigung von Anti-Corona-Demonstrationen wies Lutz von sich. „Solche Demonstrationen muss eine Demokratie aushalten“, das gehöre zur freien Meinungsäußerung, betonte er. Allerdings müssten die Regeln eingehalten werden. Wenn erkennbar sei, dass zum Beispiel der Abstand nicht eingehalten werde, dann müsse eine Demonstration aufgelöst werden. Für deren Überwachung sei die Polizei zuständig. Das sei nicht Aufgabe des städtischen Vollzugsdienstes.

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