Lörrach Offener Umgang mit Depressionen

Regine Ounas-Kräusel
Marcel und Thorsten (erster und zweiter von rechts) gaben unserer Zeitung Auskunft über ihre Erfahrungen mit der Krankheit Depresseion. Das Smiley vor Thorstens Gesicht steht für alle Betroffenen, die es sich nicht leisten können, ihre Depression öffentlich zu machen. Foto: Regine Ounas-Kräusel

MUT-Tour: Betroffene wollen mit Menschen ins Gespräch kommen / Krankheit kann behandelt werden

Ein Tandem-Team der MUT-Tour hat in Lörrach Station gemacht, um über die Krankheit Depression aufzuklären. Bei der MUT-Tour sind Tandem-Teams und Wanderteams in Begleitung von Pferden in ganz Deutschland unterwegs. Sie wollen mit den Menschen ins Gespräch kommen und sie zum offenen Umgang mit der Krankheit ermutigen.

Von Regine Ounas-Kräusel

Lörrach. Eine Depression kann jeden treffen. Sie kann aber behandelt werden und hat nichts mit Charakterschwäche zu tun. Diese Botschaft vermittelte das MUT-Tour-Team. Laut Depressionsliga leiden fünf Millionen Menschen in Deutschland an dieser Krankheit.

Welche Symptome gibt es?

Symptome wie Antriebslosigkeit, Schlafstörungen, psychosomatische Beschwerden, Schuldgefühle und Zukunftsängste bis hin zu Todesgedanken machen Betroffenen das Leben schwer. Halten solche Symptome länger als 14 Tage an, besteht der Verdacht auf eine Depression. Es gibt vielfältige Auslöser: soziale Isolation, Leistungsdruck oder Arbeitslosigkeit, Trennung oder Tod von einem nahestehenden Menschen, chronische Krankheiten wie Krebs, hormonelle Veränderungen.

Doch es gibt auch Hoffnung. Neben den Krankheitsphasen erleben die Betroffenen auch Zeiten, in denen es ihnen besser geht. Wichtig sei es, Hilfe zu holen, sagte Marcel, Teilnehmer der MUT-Tour: „Man braucht Geduld, aber Vieles ist möglich.“ Bei dem 40-jährigen Familienvater entwickelte sich die Krankheit langsam: Jahrelang kurierte er Erschöpfungsphasen im Urlaub aus. Als 2020 der Corona-Lockdown kam, ging aber nichts mehr: Sein Betrieb führte Kurzarbeit ein, seine Frau verlor ihre Einkommensquelle, und er spürte seine begrenzte Leistungsfähigkeit. Er litt unter großen Zukunftsängsten und körperlichen Beschwerden wie starken Rückenschmerzen. Auch Thorsten, sein Partner auf dem Tandem, rutschte im Lockdown, allein im Homeoffice, in Antriebslosigkeit und Depression.

Was kann getan werden?

Eine Depression kann mit Psychotherapie und Medikamenten, aber auch mit Ausdauersport, Lichttherapie oder anderen Verfahren behandelt werden. Marcel empfahl, als erstes zum Hausarzt zu gehen. Dieser könne körperliche Ursachen wie eine Fehlfunktion der Schilddrüse klären. Da er seine Patienten meistens gut kenne, könne er eine angemessene Behandlung etwa beim Facharzt oder in einer Klinik veranlassen. Thorsten empfahl, mit einer Vertrauensperson zu reden, etwa dem Hausarzt oder der Telefonseelsorge.

Das Engagement

Auf das Abenteuer der MUT-Tour haben die beiden Männer sich eingelassen, weil sie aktiv heraustreten wollten aus der Enge ihrer Depression. Er wolle herausfinden, ob ihm die Bewegung in der Natur mit Gleichgesinnten gut tue, sagte Thorsten: Eine Verhaltenstherapie habe ihm nicht geholfen. Nun radeln die Beiden also mit vier anderen Frauen und Männern mit und ohne Depressionserfahrung von Karlsruhe nach Tuttlingen, täglich rund 60 Kilometer. Sie kochen und zelten im Freien und fragen abends am Zielort Anwohner nach einem Übernachtungsplatz.

An ihren Zwischenstopps suchen die Frauen und Männer das Gespräch mit Journalisten und Passanten. In Lörrach fiel das Gespräch mit Passanten allerdings aus, weil auf dem stark frequentierten Alten Markt eine Demo stattfand.

Marcel zeigte sich überwältigt, mit wie viel Herzlichkeit die Menschen auf ihre Offenheit reagieren. Er empfahl, auch im Alltag offen über die Krankheit zu sprechen.

Am Arbeitsplatz

Doch ist dies auch am Arbeitsplatz möglich? Marcel berichtete von unterschiedlichen Erfahrungen: Als er bei seinem langjährigen Arbeitgeber seine Krankheit offen ansprach, habe man ihm Aufgaben weggenommen und ihn geschont, berichtete er. Man habe ihm nicht zugetraut, dass er offen sagt, was er leisten kann. Daher bewarb er sich in einem anderen Betrieb. Als klar war, dass die Firma ihn mit seiner Qualifikation haben wollte, habe er offen gesagt, dass er aus einem „Burn-out“ komme. Sein neuer Chef war, so Marcel, über psychische Krankheiten gut informiert – und stellte ihn ein.

Anlaufstellen bei Depressionen für Betroffene und Angehörige, Selbsthilfegruppen für Betroffene und Angehörige: www.loerrach-landkreis.deTelefonseelsorge: 0800 1110111 oder 0800 1110222 Handy-App www.dak.de/smart4me: von Krankenkasse DAK, zur Stärkung von Jugendlichen in schwierigen Lebensphasen Infos: www.depressionsliga.de und andere Seiten.

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