Lörrach Phantásien und seine Helden

Nina Lipp
Die Akteure von Tempus fugit verwandelten die Burghof-Bühne in das Reich Phantásien aus Michael Endes „Die unendliche Geschichte“. Die Marionetten des 2022 verstorbenen Lörracher Puppenspielers Karl-Hans Bachmann spielen ebenfalls eine Rolle. Foto: Nina Lipp

Für eine Inszenierung von Michael Endes „Unendlicher Geschichte“ zieht Tempus fugit in den Lörracher Burghof.

Damit erfüllt sich ein lange gehegter Traum der Theaterpädagogin und Leiterin des Freien Theaters Tempus fugit. Begeistern konnte sie dafür rund 160 Schüler der Karl-Tschamber-Schule, der Vielfalterklasse der Fridolinschule, Akteure aus dem Kinder- und Jugendtheater Lörrach, den Kinder- und Jugendchor Lörrach und Kinder der Theater-AG der Gemeinschaftsunterkunft Gretherstraße, die von professionellen und angehenden Schauspielern und Musikern unterstützt werden.

Bastian Balthasar Bux (überzeugend gespielt von Isabel Ernst) ist „zehn oder elf“. Ein schüchterner Außenseiter, der von seinen Mitschülern schikaniert wird. Ausgerechnet er, dessen Mutter gestorben ist. Bastian ist verdammt einsam, und selbst sein Vater übersieht die Not des Jungen.

Nicht am Film orientiert

Was ihn tröstet, sind die Geschichten, die er sich ausdenkt. Trost gibt ihm auch die „Unendliche Geschichte“, die er in einem gestohlenen Buch auf dem Dachboden seiner Schule liest und die ihn mehr und mehr in ihren Bann zieht. Ort der Handlung ist Phantásien, das durch das „Nichts“ bedroht wird: immer größere Teile des Reiches verschwinden einfach, ohne dass etwas zurückbleibt. Selbst die Kindliche Kaiserin ist machtlos. Nur einer kann Phantásien retten: Diesen noch unbekannten Retter soll Atréju (beeindruckend gespielt von Laura Huber) finden, der auf seiner Suche zahlreiche Abenteurer bestehen muss. Dabei begegnet er kuriosen Fantasiewesen wie den Felsenbeißern, der gigantischen Uralt-Schildkröte Morla, einer Rennschnecke und dem Glücksdrachen Fuchur – die dank der kreativen Masken- und Figurenbauer allesamt beeindruckende Bühnenpräsenz erreichen. Je weiter Bastian liest, desto mehr scheint er selbst Teil der Geschichte zu werden. Bis ihm plötzlich klar wird: Tatsächlich ist er, Bastian Balthasar Bux, derjenige, nach dem Atréju sucht und der das Schicksal Phantásiens in seinen Händen hält.

Foto: Nina Lipp

Mehrere Dinge waren Karin Maßen für die Inszenierung wichtig: Nicht zu nah dran zu sein an den damals spektakulären Spezialeffekten der populären Verfilmung des Romans von 1984. Nicht zuletzt, weil diese nur den ersten Teil des Romans abdeckt. Zweitens: mit den Nachwuchs-Schauspielern Textarbeit zu leisten. Wovon handelt diese Geschichte? Was ist Fantasie, was Mut? Warum brauchen wir sie? Und auch: Was ist Respekt, was ist Gemeinschaft? Diese Themen während der Proben immer wieder zu diskutieren, zu hören, was die Kinder darunter verstehen, habe den Entstehungsprozess enorm bereichert und habe den Kindern Respekt vor der Bühne gelehrt.

Spielfreude beeindruckt

Schüler, Tänzer, Musiker, (ehemalige Burghof-) Schauspieler, Licht- und Bühnentechniker haben gemeinsam ein spannendes, sehenswertes Theaterstück auf die Beine gestellt. Sogar die Marionetten des 2022 verstorbenen Lörracher Puppenspielers Karl-Hans Bachmann kommen in der „Spukstadt“ wieder zum Einsatz. Den Körper des

Glücksdrachen Fuchur hat der Basler Schreiner und Designer Vincent Julmy gebaut, die Maske des fiesen Ungeheuers Gmorks kreierte Marius Kobaus. Abélia Nordmann, ehemalige Leiterin des Lörracher Kinder- und Jugendchors, komponierte die Musik, die mal zart, mal dramatisch die Handlung begleitet.

Die Spielfreude des Ensembles beeindruckt, hier hat sich eine diverse Gemeinschaft gebildet, die begeistert bei der Sache ist. Es lässt sich kaum erahnen, welch organisatorische Leistung dahintersteckt. Geholfen hat, dass die Proben für dieses unterhaltsame Lehrstück über Zusammenhalt und Selbstermächtigung bereits im Herbst begonnen haben.

„Die Unendliche Geschichte“ ist noch am Dienstag, 20. Mai, 9 und 18 Uhr, sowie am Mittwoch, 21. Mai, 9 und 11 Uhr, im Burghof Lörrach, Herrenstraße 5, zu sehen. Infos und Tickets unter www.burghof.com.

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